Bücher lesen: Mal ein Martin-Suter-Buch, Soloalbum quasi.

Nach Alle sind so ernst geworden von Martin Suter & Benjamin von Stuckrad-Barre wird es mal Zeit für ein Buch von Martin Suter, ein Soloalbum quasi. Ich gestehe, ich habe zwar sehr viele (auch gelesene) Stuckrad-Barre-Bücher im Regal stehen, aber kein Suter-Buch (auch noch keines gelesen). Nach dem wunderherrlich vergnüglichen Buch der beiden, Alle sind so ernst geworden, das selbst Queen Elizabeth II. amüsieren sollte, vielleicht mal Die dunkle Seite des Mondes, einen Suter-Klassiker, oder seinen jüngsten Krimi Allmen und der Koi von 2019, den ich schon mal lesen wollte, nachdem ich Suters cool gewitzten Auftritt in „Willkommen Österreich“ gesehen hatte. Aber wie John Lennon sagte, das Leben passiert einfach, während man eifrig andere Pläne macht. Jetzt aber pronto ein Suter-Buch.

Und das ist Martin Suters Auftritt in „Willkommen Österreich“ vom 27. November 2019.

Martin Suter, Die dunkle Seite des Mondes, Diogenes, Taschenbuch 2001

Martin Suter, Allmen und der Koi, Diogenes, 2019

© Willkommen Österreich, ORF

Werbung

Bücher lesen: Martin Suter & Benjamin von Stuckrad-Barre „Es war wie ein Tonband, das rückwärts läuft“

Kapitel 5: LSD – in dem Martin Suter berichtet, wie er anno dazumal in Nigeria mit Kollegen in einem Sammelinterview den legendären Afro-Beat-Musiker Fela Kuti interviewen sollte, aber völlig weggetreten war, wie auf einem LSD-Trip, weil er vorher extrastarkes Marihuana geraucht hatte, NNG (Natural Nigerian Grass) wie es Fela Kuti nannte. Jedenfalls verstand Suter nada, was Fela Kuti von sich gab, es hörte sich für ihn an wie ein rückwärts laufendes Tonband.

SUTER: „Es war wie ein Tonband. Ehe du wieder nichtwissend wissend nickst: Tonband, das waren so magnetische Bänder, auf denen man Töne speicherte, und die konnte man auch rückwärts laufen lassen.“

STUCKRAD-BARRE: „MP3 zum Anfassen, jaja.“

SUTER: Genau, ja. Und damit aufgenommene Gespräche klangen, wenn man sie rückwärts lauf ließ, so: Bibblewobbelbabbelbubibadibbel. Genauso hat sich das angehört für mich, als er – wahrscheinlich schon vorwärts – uns das Interview gab.“

Martin Suter & Benjamin von Stuckrad-Barre, Alle sind so ernst geworden, Diogenes, 2021

Bücher lesen: Martin Suter & Benjamin von Stuckrad-Barre „Alle sind so ernst geworden“ (Diogenes, 2021)

Man möchte das Buch nicht sein, das den Lobgirlanden am Umschlag gerecht werden muss, oder?

„Schnell, klug und unheimlich komisch,  wie ein Abendessen mit Thomas Bernhard, Ricky Gervais und den Rolling Stones. Lesen Sie dieses Buch, es wird ihren Tag retten.“ Ferdinand von Schirach

„Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.“ Christian Kracht

„Wenn ich zukünftig bekümmert oder ratlos bin, werde ich Kapitel dieses Buches lesen, um laut zu lachen und an diesem funkelnden und eloquenten Gespräch teilzunehmen.“ Katja Riemann

„Lesen Sie dieses Buch, es wird sie entspannen.“ Sibylle Berg

„Was genau machen Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre da eigentlich? Sie retten unsere Gegenwart für die Zukunft, indem sie so zärtlich, scharfkantig und neugierig auf sie schauen, als sei sie längst Vergangenheit. Eine mitreißende Archäologie des Jetzt.“ Florian Illies

„Das mit der Badehose ist hinreißend.“ Ronja von Rönne

„Ich lese den beiden einfach gerne zu. Wenn die miteinander reden, kann ich bei jedem Hölzchen kaum erwarten, auf welche Stöckchen sie noch kommen werden. Die beiden können’s einfach.“ Hazel Brugger

„Ich habe mit einigem Aufwand alle Aussagen aus dem Buch überprüft und kann nun mit Gewissheit sagen: Es stimmt alles.“ Klaas Heufer-Umlauf

Und was, wenn die alle tatsachwahr recht haben? Mission erfüllt, oder?

Martin Suter & Benjamin von Stuckrad-Barre, Alle sind so ernst geworden, Diogenes, 2021

Record Collection N° 104: Udo Lindenberg „Stärker als die Zeit” (Warner Music, 2016)

 

Keine Panik im Udoversum. Noch ist die Nachtigall nicht verstummt. Einer muss den Job ja machen.

Udo Lindenberg, über-70-jähriger Rock’n’Roll-Mediziner mit Doktorhut, bekannt und geliebt als wunderheilender Dr. Feeel Good und eine sagenhaft coole Socke bringt einen mit auf seinem bis dato letzten Studioalbum Stärker als die Zeit mit der lyrischen und musikalischen Kraft seiner Lieder zum Weinen, Lachen, Tanzen, Jubilieren. Mitunter alles in einem einzigen Song. Udo Lindenberg geht durch alle schweren Zeiten. Er spendet Hoffnung und Kraft, auch im einsamsten Moment. Unglaublich wie Lindenberg auf diesem intergalaktischen Raumflug zwischen Eldorado und Ewigkeit seinen frisch auffrisierten Rock’n’Roll und seine coolen Lyrics raushaut.

Mal sich selbst reflektierend, ernst und lebenszerfurcht schwermütig, wie im Titelsong und in Wenn du gehst oder im sich nach Frieden sehnenden Kosmosliebe. Mal textet Udo Lindenberg tiefsinnig und zu Tränen rührend, wie in Wenn die Nachtigall verstummt, wo er dem Sensenmann singend trotzt und weiter auf Zeit zu spielen versucht. Von epischer Qualität ist die berührende, autobiografisch wahre Klavierballade Mein Body und ich, in dem Lindenberg seinem Körper dafür dankt, trotz allem Schindluder, das er mit ihm getrieben hat, noch am Leben und wieder fit zu sein.

Dann rockt Udo Lindenberg als unwiderstehlicher Wohlfühldoktor in Einer muss den Job ja machen, Coole Socke oder Dr. Feeel Good locker flockig drauf los, superlässig und mit dem ihm eigenen Sprachwitz und komischen Formulierungsvermögen („Diagnose: völlig unterrockt“). Die Panikinfusionen rauschen einem durch die Blutbahnen und nichts hält einen mehr auf dem Sessel. Nach dem die Karriere reanimierendem 2008er Auferstehungsalbum Stark wie zwei und dem Karrierebilanz ziehenden MTV Unplugged – Live aus dem Hotel Atlantic (2011) ist Dr. U mit Stärker als die Zeit ein drittes cooles Album in Folge geglückt.

Es tönt erfrischend leicht, lässig, elektrisierend tönt, ist aber mitnichten das Resultat intensiver Arbeit, vielleicht mit einer Cigar in der Hand und dem Udohut auf dem Kopf. Lindenberg-Superfan Benjamin von Stuckrad-Barre (Panikherz; Udo Fröhliche!), hat mit weiteren Co-Autoren wieder mitgetextet. Keine Panik im Udoversum. Noch ist die Nachtigall nicht verstummt, Göttin sei Dank. Denn einer muss den Job ja machen.

Udo Lindenberg, Stärker als die Zeit, Warner Music, 2016

B-Logbook 31.03.2018: Benjamin von Stuckrad-Barre – der deutsche Tom Wolfe?

Nicht, wenn es um den eine große Geschichte erzählenden Roman geht, mit viel Personal und verschiedenen Handlungssträngen, detailliert aus der Distanz beobachtet und geschrieben, weitab von der eigenen Person und Lebensgeschichte. Der amerikanische Journalist und Romanautor Tom Wolfe kann das. Benjamin von Stuckrad-Barre hat es (noch) nicht drauf.

Aber in den kürzeren, journalistisch angelegten Texten von Ich glaub, mir geht’s nicht so gut, ich muss mich mal irgendwo hinlegen – Remix 3 hat Stuckrad-Barre, wie Tom Wolfe gerne weiße Anzüge tragend, den amerikanischen Chronisten voll drauf, treffend beobachtend, gewitzt und scharf auf den Punkt formulierend.

Gleich auf den ersten Seiten, der Reportage eines Besuches bei Boris Becker, deutsche Tennislegende von Beruf, ist schlagartig klar: Benjamin von Stuckrad-Barre ist der deutsche Tom Wolfe, aber so was von. Als Beleg dafür vielleicht nicht nur Remix 3, sondern auch Tom Wolfes brillante Sixties-Reportagen in Das silikongespritzte Mädchen und andere Stories von Amerikas rasendem Pop-Reporter lesen. Und ja, man darf auch Stuckrad-Barres Schreibe Pop-Literatur nennen.

Über einen weiteren Weiße-Anzüge-Träger, den Münchner Regisseur und Drehbuchautor Helmut Dietl, Stuckrad-Barres schon verstorbenem Idol und Freund, ist auch eine vortreffliche Reportage im Buch. Der Buchtitel Ich glaub, mir geht’s nicht so gut, ich muss mich mal irgendwo hinlegen könnte auch eine Dialogzeile in einer von Dietls famosen TV-Serien gewesen sein.

Update. Apropos Helmut Dietl. Gestern, 06.04.2018, hatte Benjamin von Stuckrad-Barre einen Auftritt in Bettina Böttingers freitäglicher WDR-Talk-Show Kölner Treff, um Ich glaub, mir geht’s nicht so gut, ich muss mich mal irgendwo hinlegen – Remix 3 vorzustellen. Er erzählte auch über das Jahr, in dem er tagtäglich den ganzen Tag mit Dietl zubrachte, um mit dem genialen Sprachmeister eine eigentlich sechsteilige TV-Serie zu schreiben, in der Nachfolge von Dietls legendärem Kir Royal. Letztlich wurde daraus der 2012 im Kino startende, von der Kritik zerrissene, auch laut Stuckrad-Barre „nicht so dolle“ Film Zettl.  Aber beim Schreiben und Leben mit Helmut Dietl, so Stuckrad-Barre, hätte er übers Schreiben und das Leben an und für sich mehr gelernt als in einem Universitätsstudium.

Der an Helmut Dietl erinnernde Titel des neuen Remix-Bandes stamme, so der Autor zu Bettina Böttinger, von seinem kleinen Sohn.

My records of the year: Meine 44 Lieblingsplatten 2016

popincourt-cover-a-new-dimension-to-modern-lovefrench-boutik-cover-front-pop-lpjochen-distelmeyer-cover-songs-from-the-bottom-vol-1udo-lindenberg-cover-staerker-als-die-zeitthe-rolling-stones-cover-blue-and-lonesomedexys-cover-let-the-record-show-frontmarius-mueller-westernhagen-cover-mtv-unpluggedbruce-springsteen-cover-live-boston-2016the-beatles-cover-live-at-the-hollywood-bowl

Also, jetzt mal doch wieder eine richtige Alben des Jahres-Liste, mache ich gern in diesem Seuchen-Jahr, in dem die Musik aber richtig gut war. Ausnahmsweise mal wieder mit – höchst subjektiver! – Reihung. Meine fünf Lieblingsplatten 2016 sind diese dreizehn. Die weiteren einunddreißig Nennungen sind alphabetisch gelistet.

  1. PopincourtA New Dimension to Modern Love

From Paris with Love: Keine Platte vermochte mich 2016 mehr zu berühren, mehr zu begeistern als das Debütalbum der Pariser Pop-Combo Popincourt mit einem unglaublich bezaubernden Mix aus Blue Note Jazz, Sixties Beat und britischem 1980er Indie-Pop. Mastermind, Sänger, Songschreiber und Multiinstrumentalist Olivier Popincourt  singt seine beseelten, wohltuenden, wunderhübsch melodiösen Songs wie „The First Flower of Spring“, „The Things That Last“ oder das funkelnde Titellied mit einem wunderbaren Schmelz in der Stimme, und seine Lyrics in Englisch, mit einem leichten, sehr charmanten französischen Akzent, dass einem das Herz  übergeht.

  1. French BoutikFront Pop

The new French Beat from Paris: Wer Ja zu Popincourt sagt, sollte auch nicht Nein zu French Boutik sagen. Eine hinreißende Combo, die nicht nur dem Beat, Soul und Mod-Feeling  der 1960er huldigt, sondern auch dem Spirit des Punk und der New Wave der 1970er und 1980er.  Wie Popincourt zelebrieren auch French Boutik eine sympathische, an Paul Wellers 1980er Band The Style Council erinnernde, pro-europäische Internationalität. Sie singen meist in Französisch und covern erfrischend fetzig Françoise Hardys „Je Ne Suis La Pour Personne“, haben aber auch famose eigene Songs wie „Le Mac“ oder „Costard Italien“ oder die englisch gesungenen „Hitch A Ride“ und „The Rent“. Sängerin Gabriela Giacoman gastiert bei Popincourt, Olivier Popincourt bei French Boutik an der Hammond Orgel. Absolutely French!

  1. Jochen DistelmeyerSongs From The Bottom Vol. 1

Der frühere Sänger und Songschreiber der Hamburger Indierock-Combo Blumfeld singt auf „Songs From The Bottom Vol. 1“ statt Deutsch nun alles in Englisch, mit seiner irgendwie immer stoisch ungerührten, aber dann doch anrührenden Stimme, allein zur Gitarrenbegleitung und ein wenig Orgel und Klavier. Ein höchst obskurer, aber doch wunderbar stimmiger Coverversionen-Cocktail. Mit grandios interpretierten Songs von Lana Del Rey, Britney Spears, Nick Lowe, The Verve, The Byrds, Joni Mitchell oder Al Green. Eine so überraschende wie beglückende Offenbarung.

  1. DexysLet the Record Show: Dexys Do Irish and Country Soul

Kevin Rowland arbeitet weiter an seiner Vision der Dexys. Top gestylt, mit trefflich ausgewählten, top instrumentierten, von Rowland fantastisch gut gesungenen Coverversionen wunderbar melodiöser und hochemotionaler älterer Songs, die nicht immer irisch oder Country sind, sondern einfach Pop. Zu einigen gibt es brillante, durchgestylte Videos, wie man sie schon lange nicht mehr gesehen hat.

  1. Udo LindenbergStärker als die Zeit

Drei in einer Reihe: Nach den supersupernen Alben Stark Wie Zwei (2008) und MTV Unplugged (2013) setzt Dr. Feeel Good die allerbeste Zeit seiner Karriere ungebremst fort, stärker und besser denn je. Was für eine coole Socke!

  1. The Rolling StonesBlue & Lonesome

Reif fürs Altersheim? In Würde altern? Wiederbelebt? Ihr bestes Album seit Jahren? Geschenkt. Die Rolling Stones spielen doch seit Jahren in prächtiger Kondition kraftvolle Konzerte mit ihren größten Hits. Diese zwölf hochoktanigen Coverversionen alter Bluessongs, die sie in drei Tagen in einem Londoner Studio aufgenommen haben, sind so elektrisierend, scharf und relevant wie nur was.

  1. Michael KiwanukaLove and Hate

Beyoncè? Kanye West? Rihanna? Drake? Alle nicht meine Tasse Tee. Meine liebsten Rhythm & Blues- und Soul-Longplayer des Jahres sind zum einen die strictly old school Scheiben der viel zu früh verstorbenen Sharon Jones und von Charles Bradley. Zum anderen Michael Kiwanukas zweites Album, das noch mal um Klassen besser ist als sein über Gebühr gelobtes 2012er Debütalbum Home Again. Kiwanuka mixt Otis Redding, Jimi Hendrix, Marvin Gaye und auch Pink Floyd zu seinem eigenständigen, zeitgemäßen, modernen Soul.

  1. Leonard CohenYou Want it Darker

Zu viele Tote in diesem Musikjahr, aber sind es das nicht immer, und werden es leider nicht immer mehr? Anders als im Fall von David Bowies Blackstar, das ich 2016 kaum mal hören wollte bzw. einfach nicht hören konnte, geht es mir mit Leonard Cohens finalem Album besser, ich höre es gern und oft, als Feier seiner Poesie und seines erfüllten Lebens.

  1. Ben WattFever Dream

Auf seinem dritten Soloalbum, dem zweiten kurz aufeinanderfolgenden, verzaubert der Ex-Everything But The Girl-Musiker erneut mit seinen tief berührenden, empfindsamen Folkrock-Songs, die das Wunder bewirken, sich in durchgeknallten, horriblen Zeiten wie den unseren, Momente lang wieder wie ein richtiger Mensch zu fühlen. Eine guttuende Atempause in der allgegenwärtigen zerstörerischen Beschleunigung.

  1. Mathilde Santing Both Sides Now: Matilde Santing Sings Joni Mitchell

Ehrlich, ohne Twitter hätte ich wohl das superbe neue Album dieser wunderbaren holländischen Sängerin verpasst, die ich seit ihrer 1982er Debüt-EP Introducing überaus schätze. Zuletzt von meinem persönlichen Radar verschwunden, zelebriert Mathilde Santing hier zwölf der größten Songs von Joni Mitchell, live aufgenommen im North Sea Jazz Club in Amsterdam. Unwiderstehlich schön. Und zurzeit nur via Mathilde Santings Website https://mathildesanting.com erhältlich.

  1. Marius Müller-WesternhagenMTV Unplugged

Wie bei Udo Lindenberg bin ich auch zu Marius Müller-Westernhagen wieder zurückgekehrt durch die neuen faszinanten Schriften von Benjamin von Stuckrad-Barre. MTV Unplugged ist auf vier LPs eine piekfein inszenierte, instrumentierte und gesungene Best-of-Werkschau von hoher Qualität, mit viel Emotion, Seele und großer Wirkung.

  1. The BeatlesLive at the Hollywood Bowl

Schon die Erstauflage dieser hinreißenden Konzertplatte, die 1964 und 1965 bei zwei Konzerten in der legendären Hollywood Bowl in Los Angeles mitgeschnitten wurde, überraschte mit ihrem Mix, der die super Performance der Fab Four vom Beatlemania-Gekreische befreite. Die Neuauflage mit vier Bonustracks setzt noch einmal einen drauf.

  1. Bruce Springsteen and the E Street BandLive at the TD Garden, Boston, MA, February 4th 2016 / Bruce Springsteen – Chapter and Verse

Nie hatten die Songs von Bruce Springsteens grandiosem Doppelalbum The River mehr Wirkung, nie machten sie als Ganzes mehr Sinn, nie klangen sie besser als bei den US-Konzerten der The River-Tournee. In Boston etwa, Anfang Februar 2016, sind der Boss und die E Street Band auf dem Gipfel ihrer Mission angekommen, dokumentiert auf drei unverzichtbaren CDs. Und Chapter and Verse, die erste wirklich geglückte Compilation von Springsteens Schaffen, begleitet seine großartige Autobiografie Born to Run.

 

Nennungen ehrenhalber:

 ABCLexicon of Love II

AirTwentyears

Karl BlauIntroducing Karl Blau

Bon Iver22, A Million

David BowieBlackstar

Charles BradleyChanges

Billy Bragg & Joe HenryShine a Light: Field Recordings from the Great American Railroad

Eric ClaptonI Still Do

David CrosbyLighthouse

Betty DavisThe Columbia Years 1968-1969

DionNew York Is My Home

Bob DylanFallen Angels

The Last Shadow PuppetsEverything You’ve Come to Expect

Mayer HawthorneMan About Town

Norah JonesDay Breaks

Sharon JonesOriginal Motion Picture Soundtrack: Miss Sharon Jones!

The MonkeesGood Times!

Van MorrisonKeep Me Singing

NenaOld School

The PretendersAlone

Nada SurfYou Know Who You Are

Pet Shop BoysSuper

SantanaSantana IV

Paul SimonStranger to Stranger

Kandace SpringsSoul Eyes

Sting57th & 9th

Teenage FanclubHere

WaldeckGran Paradiso

WilcoSchmilco

YelloToy

 

Benjamin von Stuckrad-Barre: „Panikherz“ (2016)

b-v-stuckrad-barre-hardcover-panikherz

Roman eines rasenden Lebens.

Ich kann nicht nur gut Platten hören, ich lese auch viel, und das mit großer Leidenschaft. So wie Jochen Distelmeyer auf dem Album „Songs From The Bottom Vol. 1“ in seiner Version von Nick Lowes Song singt: „I Read a Lot“.

Ich lese gerade fasziniert Benjamin von Stuckrad-Barres fantastischem neuen Roman „Panikherz“. Aber auch in Elvis Costellos grandioser, vor Details und Erinnerungen nur so überquellender Autobiografie „Unfaithful Music – Mein Leben“ (2015) schmökere ich. Weiters auf meinem aktuellen Bücher-Stapel: Konrad Paul Liessmanns „Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung – Eine Streitschrift“ (2014), ein gewohnt kluger, kundiger Beitrag zur Bildungsdebatte.  „The Mojo Collection – The Ultimate Music Companion“ (2000) über die 1.000 besten Alben der Pop-Geschichte. „A Wop Bop A Loo Bop A Lop Bam Boom“ von 1969, Nik Cohns fulminantes Manifest  über die frühen Jahre des Rock’n’Roll und Pop. „Morrisons Versteck“, ein 1991 veröffentlichter Roman des Wiener Autors Peter Henisch, der sich mit Jim Morrison, dem Sänger der Doors, beschäftigt. Und die voluminöse, neu übersetzte Urfassung von Jack Kerouacs Beat-Literatur-Klassiker „On The Road“.

b-v-stuckrad-barre-innen-panikherzWomit wir wieder bei „Panikherz“ wären. Von der literarischen Qualität von Benjamin von Stuckrad-Barres sind die meisten Romane in der deutschsprachigen Literaturzone im neuen Jahrhundert so weit entfernt wie die SPÖ von ihrer nächsten absoluten Mehrheit bei einer österreichischen Nationalratswahl. Galaxien also. Die extra lesenswerte „Alle Toten fliegen hoch“-Trilogie von Joachim Meyerhoff sei hier lobend ausgenommen und uneingeschränkt zum Lesen empfohlen.

Stuckrad-Barres „Panikherz“ ist nicht nur rasant geschrieben, es liest sich auch so. „Panikherz“ ist unverstellt echt, authentisch, wahrhaftig, ehrlich, glaubwürdig, klug. Lebensklug, mit tiefer gehenden Erkenntnissen und Anflügen von, ja, Weisheit. Es quillt über vor lässigem Sprachwitz und beweist des Autors literarische Finesse. „Panikherz“ ist im doppelten Wortsinn Benjamin von Stuckrad-Barres „Lebensroman“ . Ich erwarte nicht, heuer noch einen faszinierenderen Roman zu lesen. Das muss auch nicht sein. „Panikherz“ genügt.

Benjamin von Stuckrad-Barre Panikherz, Kiepenheuer & Witsch, 2016