Record Collection N° 334: Popincourt “We Were Bound To Meet” (Milano Records, LP, CD, 2023)

Drei sei eine magische Zahl, heißt es. Kein Wunder, dass “We Were Bound To Meet”, Album Nummer drei, erneut den magischen Popincourt-Goldstaub versprüht.

Was haben so wundervolle Songs wie A New Dimension To Modern Love, The First Flower  Of Spring, The Things That Last, Blue Winter, The Last Beams Of The Setting Sun, Spreading Golden Dust oder This Must Be Heaven gemeinsam? Sie entstammen alle einer kleinen, aber umso feineren Pariser Indie-Pop-Manufaktur, betrieben vom französischen Singer/Songwriter und Gitarristen/Multiinstrumentalisten Olivier Popincourt, und vielleicht in einer Seitengasse im gleichnamigen 11. Arrondissement situiert.

Seit 2014 widmet sich der britischste aller französischen Indie-Pop-Musiker hauptsächlich seinem kurz Popincourt genannten, von Gitarren- und Keyboards, britischem New Wave und Power Pop und Mod Beat, einer Dosis Jazz und auch ein wenig Klassik geprägten Musikprojekt. Auf die exquisiten Langspielplatten A New Dimension To Modern Love (2016) und A Deep Sense Of Happiness folgt nun Album Nummer drei  We Were Bound To Meet (offizielle Veröffentlichung: 15. September 2023), das erneut den magischen Popincourt-Goldstaub versprüht. A Deep Sense Of Happiness schien im Herbst 2020 mit seiner schweren Melancholie und tristem Weltschmerz die dunklen Pandemie-Jahre schon vorwegzunehmen. Die Stimmungslage war so mies, dass Popincourt gegen Ende des Jahres daran dachte, überhaupt keine Platten mehr aufzunehmen.

Dagegen fühlt sich We Were Bound To Meet drei Jahre später leichter, lichter, luftiger an. Auch angesichts von Kriegen quasi vor der Haustür, globalen Krisen und Liebeswirren, die in den Songs verhandelt werden. Und diese neue Leichtigkeit tut Popincourt gut, und sie hat vielleicht auch damit zu tun, dass in sechs (von zehn) der neuen Songs die Songwriting-Last auf mehrere Schultern verteilt ist. Auf die famose Gabriela Giacoman, sonst Sängerin bei der französischen Pop-Moderniste-Band French Boutik und praktisch von Anfang bei Popincourt als nicht wegzudenkende Gästin mit dabei, und auf die Sängerin und Flötistin Susanne Shields sowie den gleichgesinnten französischen Singer/Songwriter Olivier Rocabois.

Aufgenommen wurde We Were Bound To Meet unter der Regie von Olivier Bostvironnois im l’Entresol Sound Studio in Courbevoie, das am Rande des Pariser Ballungsraums liegt, und zwei weiteren Studios. Olivier ist nicht nur an der akustischen und elektrischen Gitarre ein As, er spielt auch noch Bass und verschiedene Orgeln (Wurlitzer, Vox continental, etc.). Zudem unterstützen ihn exzellente Musikerinnen und Musiker wie Bostvironnois (Klavier und Fender Rhodes E-Piano), Schlagzeuger Guillaume Glain, Susanne Shields (Lead und Backing Vocals, Flöte), Gabriela Giacoman (Lead und Backing Vocals), Marilou Tee (Backing Vocals) sowie ein klassisches Streichquartett.

Schon der erste Song Wire Crossed Lovers schwingt sich mit einem klaren perlenden Gitarrenlauf und einer hoffnungsfrohen Melodie in lichte Höhen und man darf seine ersten Zeilen Couldn’t wait to meet you/Two long springs and summers/Scared I’d lose my mind/Two lonely falls and summers auch als Ausdruck der Erleichterung deuten, das die beklemmenden Pandemiejahre vorüber sind, auch wenn sie von einer Liebesbeziehung künden. Das hinreißende Our Winds, Our Strengths, Our Crimes entzückt im Refrain mit einer Frauenstimme, die Popincourts Gesang doppelt, und ist ein eindeutiges Lamento über eine gescheiterte Liebe, aber eines, das einen nicht runterzieht, weil es abgeklärt Resümee zieht. Die zauberhafte Ballade The Road To Recovery, die durch Susanne Shields‘ Gesang in die Nähe von britischem 1970er Jahre Folkrock rückt, schließt mit ihrer hoffungsvollen Lyrik an den Albumauftakt an, Feeling good on the road to recovery/I feel relieved, und schwebt getragen von Gefühlen der Unbeschwertheit Richtung Freiheit und einem neuen Anfang im Leben.

Dieses Hoch gipfelt im wunderbaren Titelsong mit seinem Leben und Liebe feiernden Elan, We were bound to meet/A reason to believe/So clear and sweet/How could we be wrong?/I found the place where I belong, was für ein Popincourt-Klassiker. Das der Feder von Rocabois und Popincourt entsprungene Little Rainfall, Intense Sunshine schaltet beim Hochgefühl ein, zwei Gänge runter, aber schön. Das von Gabriela Giacoman geschriebene und gesungene Love On The Barricades ist die weniger pessimistische Schwester des apokalyptischen New Wave-Krachers While The Ship Sinks auf A Deep Sense Of Happiness und endet mit einem Hochgefühl, I kiss you on the barricades/We‘re here right now so let’s enjoy tonight, mitreißend wie nur was. Die schöne Ballade My Secret Place bewegt mit Emotionen, die unter die Haut gehen und einigen quasi dahinschmelzenden, auf Französisch gesungenen Zeilen – eine Novität für Popincourt. Auch im forschen Gitarrenbeat Late To The Party sind Leichtigkeit und  Zuversicht spürbar, I could see the future/It looks promising much brighter. The Worst Of Lullabies ist der vielleicht düsterste Song des Album, aber musikalisch brillant mit Streichquartett in Szene gesetzt. Mit der herzergreifenden Ballade Song For Yeu schließt sich der Kreis der besungenen Liebeswirren, I wish I could stay for a few days/On the cliffs getting lost in our gaze/Times have changed but that light will always shine/And bring new sounds in my mind.

Kann eine Platte, deren Lieder vornehmlich von schlecht gelaufenen und kaputt gegangenen Beziehungen handeln, die optimistische Botschaft All you need is love aussenden? We Were Bound to Meet kann.

Popincourt: We Were Bound To Meet, Milano Records, 2023

© Cover Pics snapped by the author.

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