The Beatles: „The Beatles Eight Days a Week – The Touring Years“ (2016)

Acht Tage die Woche rund um die Uhr rund um den Globus.

Justin Bieber sollte sich mal dringend den neuen Beatles-Film Eight Days A Week – The Touring Years anschauen. Dann wüsste der 22-jährige, kanadische Teenstar, was es heißt, gegen das hysterische Gekreische von zehntausenden ausflippenden Mädchen anzusingen. Ein gewaltiger Lärm, der sich anfühlt wie der Sound eines startenden Düsenjets. Während der Biebser gerne mal wegen der Hysterie seiner Fans wutentbrannt sein Mikrofon auf die Bühnenbretter knallt und bitzelnd wie Rumpelstilzchen seine überenthusiastischen Fangirls anherrscht, sofort mit dem Kreischen aufzuhören, mühten sich die Beatles, resche Working Class Jungs aus Liverpool, die sie waren, dennoch ab, live auf der Bühne gut und präzise auf den Punkt zu singen und ebenso ihre Instrumente zu spielen. Obwohl sie sich selbst ohne ausreichende Monitoranlagen im Düsenjetgetöse der ausrastenden Teenager-Mädchen praktisch nicht mehr hören konnten.

So zum Beispiel in ihren legendären 1964er und 1965er Konzerten in der Hollywood Bowl in Los Angeles, die anno 1977 auf 13 Songs zusammengefasst erstmals auf einer LP veröffentlicht wurden, und diesen Herbst  klanglich noch verbessert plus vier Bonusstücken auf LP und CD neu aufgelegt wurden. Genauso war es beim legendären Konzert der Fab Four im Shea Stadium in New York City am 15. August vor 56.000 begeistert rasenden, meist weiblichen Teenagern. Doch die vier Liverpooler blieben bei ihrer Bühnenarbeit gut gelaunt oder taten wenigstens so und sammelten zwischen den Songs weitere Sympathiepunkte mit ihrem lässigen britischen Akzent und dem Witz ihrer Ansagen. Trotz der von Ruhm und Fanatismus verursachten Kollateralschäden, die den Bieber so entnerven, machten die Beatles also gute Miene zum hysterischen Spiel. Jedenfalls bis zu ihrem letzten Konzert am 29. August 1966 im Candlestick Park in San Francisco, Kalifornien, vor nur 25.000 Beatles-Verrückten vor der Bühne und auf den Rängen im Stadionrund.

Fünfzig Jahre später war einmal mehr Beatlemania angesagt: Am 15. September 2016 feierte Eight Days a Week – The Touring Years, ein neuer Beatles-Dokumentarfilm von Ron Howard, der sich fast ausschließlich auf die heftigen Konzertjahre der Beatles zwischen 1963 und 1966 konzentriert, am Leicester Square in London und zugleich in ausgewählten Kinos rund um den Globus seine Weltpremiere, die auch live im Beatles-Channel auf Facebook übertragen wurde. In der Folge wurde der Streifen dann aber wegen der wieder hochkochenden Beatlemania und der im United Kingdom und den USA überfüllten Kinosäle  noch länger und auch in zusätzlichen Kinos gezeigt. Beatlemania neu, aber nicht überall. Jedenfalls nicht in Salzburg, in einem nur spärlich gefüllten Kinosaal, in dem ich Eight Days a Week gesehen habe. Das war mal die Überraschung Nummer eins. Erfreulichere Überraschung Nummer zwei: das gewaltige Beatles-Live-on-Stage-Erlebnis auf der gigantischen Kinoleinwand mit einem brillant remasterten Sound. Eigentlicher Höhepunkt der Live-Szenen war schließlich der im Kino nach Ende von Eight Days a Week noch gezeigte dreißigminütige Konzertfilm The Beatles At Shea Stadium, in dem die originalen Aufnahmen des legendären Konzerts der Fab Four in einem New Yorker Baseball Stadion sowohl bild- als auch soundtechnisch digital fantastisch wiederaufbereitet wurden. Überraschung Nummer drei: Obwohl es schon viele gute Beatles-Dokumentationen gibt, etwa die achtteilige Beatles Anthology, die 1995 in der BBC lief und 2003 erweitert auf fünf DVDs veröffentlicht wurde, oder The Beatles – The First U.S. Visit, ebenfalls von 2003, vermittelt Ron Howards Film die Rasanz und den euphorischen Kick der frühen Beatles-Jahre ziemlich eindrucksvoll.

Eight Days a Week unterstreicht aber auch Grundlegendes: Erstens, die Beatles waren wirklich eine Band, so im Sinne von vier Freunde gegen den Rest der Welt. Zweitens, die frühen Beatles waren wirklich John Lennons Band, in die zuerst Paul, dann George und schließlich auch Ringo einstiegen. Drittens, die Beatles, waren tatsächlich eine superfantastische Live-Band, siehe auch The Beatles At Shea Stadium, The Beatles at The Hollywood Bowl (1977) und The Beatles Live at The Hollywood Bowl, 2016 um 4 Songs erweitert, parallel zu Eight Days a Week veröffentlicht, obwohl die Hollywood Bowl Konzerte in Ron Howards Dokumentation keine sonderliche Rolle spielen.

Es bleiben jedoch auch nach Eight Days a Week noch offene Fragen: Erstens, was hätten die Beatles noch alles live on stage realisieren können, wenn es schon Mitte der 1960er Jahre ausreichende Soundanlagen und Monitorsysteme für derart riesige Hallen und Stadien gegeben hätte, in denen die Beatles am Höhepunkt der Beatlemania spielten? Und sie nicht aus Frust darüber, dass sie ihr Musikerkönnen auf der Bühne nicht besser umsetzen konnten und der Tourneestress die Band  beinahe gekillt hätte, nach ihrem letzten Konzert am 29. August 1966 im Candlestick Park in San Francisco ihre Live-Karriere beendeten und sich ganz auf die Arbeit im Aufnahmestudio konzentrierten. Ihr allerletzter Live-Auftritt am Dach des Apple Hauses am 30. Jänner 1969 in der Savile Row in London, der es mit zwei Songs auch in Ron Howards Film geschafft hat, mal nicht mitgerechnet. Zweitens, ob ein dermaßen hochkreatives, experimentell überkandideltes Album wie Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (1967), das die Fab Four mit Produzent George Martin und Toningenieur Geoff Emerick ein halbes Jahr lang in den Abbey Road Studios aufnahmen, oder auch das vielseitige 1968er Doppelalbum The Beatles (White Album) ohne den Tourstopp überhaupt hätten entstehen können? Das wegweisende Meisterwerk Sgt. Pepper’s feiert heuer übrigens am 1. Juni 2017 den 50. Jahrestag seiner Veröffentlichung.

the-beatles-eight-days-a-week-shea-sadiumpic04Bleibt noch Frage Nummer drei, eine im Fall der DVD-Veröffentlichung von Eight Days a Week am 18. November 2016 besonders dringliche: Wo ist der mitreißende dreißigminütige Konzertfilm The Beatles At Shea Stadium geblieben, der bei der Kinopremiere noch gezeigt wurde? Selbst die Deluxe Edition von Eight Days a Week, die auf einer zweiten Disc mit hundert weiteren Minuten Beatlemania aufwartet, muss ohne die Show im Shea Stadium auskommen. Angeblich soll es rechtliche Probleme um das Live-Material gegeben haben. Schade drum. Umso wichtiger war es, doch den Weg ins Kino zur Premiere von Eight Days a Week gefunden zu haben.

The Beatles Eight Days a Week – The Touring Years, Studiocanal, 2016

Bill Haley: Being too old for Rock ‘n’ Roll?

bill-haley-cover-rock-around-the-clockBill Haley died 36 years ago today. As a singer and musician Haley was a late bloomer, but he made (pop and rock) history with his combo The Comets, singing the first big rock ’n’ roll hit „Rock Around The Clock”. That particular song also was kind of blooming late, being recorded and released in 1954, but becoming only a worldwide number one hit in 1955 and 1956, when it was featured over the opening credits in the teenage-riot-movie Blackboard Jungle, a blockbuster itself. On the other hand „Rock Around The Clock” was essentially the starting point of pop culture and teen rebellion. When Bill Haley died on the 9th February 1981 somewhere in Texas, he was only 55 years old. When I saw him once live on stage of the Sporthalle in Linz, Upper Austria, he wasn’t even fifty. But my teenage me thought, what an old man this legendary rock ’n’ roller already is. Nowadays I know that The Rolling Stones, Paul McCartney, Bob Dylan, Neil Young and their contemporaries, who are all beyond seventy or around seventy-five now, are still able and ready to rumble, and they still can prove it.

bill-haley-blog-pic-01So in hindsight it’s kind of ridiculous, that I supposed that Haley, not even being fifty, would be already too old to rock. On that particular evening in Linz, boy, that old man Billy Haley, and his old buddies The Comets proved that I was utterly wrong. Boy, they still could rock. They were rocking ’n‘ rolling in full effect. Just like The Rolling Stones, being nearly a quarter of a century older than Haley and his Comets back then, prove it now with their energetic live shows and their latest fantastic album Blue & Lonesome. So what does this tell us about past, present and future alterations in pop and rock culture as well as in society in general? That the times really are a-changing, just like the young Bob Dylan once sang? They do.