Chuck Berry und die magische Macht des Rock & Roll

Wie ich anno 1976 oder 1977 bei einem Konzert von Rock & Roll-Legende Chuck Berry in der Linzer Sporthalle Zeuge der überwältigenden Kraft und Magie des Rock & Roll wurde.

Chuck Berry (1926-2017) ist nicht nur der Erfinder der besten Gitarrenriffs des Rock & Roll, die bis heute Gitarristen in aller Welt inspirieren und nachspielen. Er ist auch der Schöpfer genialer Songklassiker wie Johnny B. Goode, Sweet Little Sixteen, Roll Over Beethoven, Little Queenie oder Rock & Roll Music. Ich lernte diese erst durch die Beatles und die Rolling Stones kennen, und machte mich, voll am Haken, auf die Suche nach den Originalen und ihrem legendären Urheber.

Was die Musik anlangt, so hat Chuck Berry diese Songs zum größeren Teil wahrscheinlich im Duo mit seinem Pianisten Johnnie Johnson geschrieben, der dafür aber nie eine Nennung als Co-Autor, noch Tantiemen bekommen hat, weshalb er Chuck Berry sogar mal verklagte, seine Klage ist aber wegen Verjährung abgelehnt worden. Mit den fabelhaften Songlyrics hat Chuck Berry aber ganz allein seine eigene Teenager-Rock´n‘Roll-Welt erschaffen. Der ungeklärte Streit mit Johnson kann aber Chuck Berrys Rang als Rock & Roll-Pionier nicht zu schmälern. Schließlich wären ohne seine Gitarrenriffs und seine Songtexte weder die Beatles noch die Rolling Stones zu dem geworden, was sie geworden sind. Und wohl auch die frühen Beach Boys nicht, oder The Who, die Kinks, T. Rex und sogar Bruce Springsteen.  Denn, wer war denn der erste, der am liebsten über Autos und Mädchen, Mädchen und Autos Lieder schrieb und sang? Chuck Berry, genau.

Weil die Beatles auf ihren ersten Alben so mitreißende Versionen von Chuck Berrys Krachern wie Rock’n’Roll Music oder Roll Over Beethoven spielten, kaufte ich mir gleich nach Beatles For Sale Chuck Berrys Hitsammlung Original Oldies und wenig später auch noch die beiden Fortsetzungen. Damit war ich für ein Konzert des großen Rock & Roll-Meisters bestens präpariertund enterte als aufgeregter Jungspund, es muss so 1976 oder 1977 gewesen sein, die Sporthalle in der Stahlstadt Linz.

Dort wurde ich Augen- und Ohrenzeuge der welterschütternden Kraft des Rock’n’Roll. Zur wohl über zwanzig Minuten ausgedehnten Schlussnummer Johnny B. Goode holte der von einer angemieteten europäischen Begleitcombo unterstützte Chuck Berry zwanzig, dreißig Leute auf die Bühne. Darunter glücklicherweise auch ich. Während wir dort oben zu seinen unendlich wiederholten, allerlegendärsten Gitarrenakkorden ausgelassen tanzten, glitt der Riff-Meister mit seiner funkelnden roten Stromgitarre im einst von ihm kreierten Duckwalk (vulgo Entenwatschelgang) charismatisch über die dichtgefüllte Bühne.

Und so geschah es. Ich erinnere mich noch deutlich daran, plastisch. Eine für einen in Liebesdingen noch unbedarften Teenager reizvoll kurvige Frau mit langem, blondem Haar fing an, beim Tanzen ihre stramm sitzende weiße Bluse aufzuknöpfen, um dann Chuck Berry, begeistert von seiner Musik, ihre Brüste entgegenzuschütteln. Wie war ich in diesem Moment doch fasziniert von der magischen Kraft des Rock & Roll, von seiner revolutionären, befreienden Wirkung. Das also meinte Chuck Berry, als er 1957 in School Days unvergessen deklamierte: „Hail! Hail! Rock & Roll!“

PS.: Dass ich damals im Konzert von Chuck Berry mit meinem besten FreundNorbert war, hatte ich ehrlich vergessen. Aber als wir uns nach fast vierzig Jahren wieder trafen und stundenlang redeten, kamen wir auch auf dieses legendäre Konzert. Ein auf die Bühne geeilter Saalordner habe der barbusigen Dancing Queen eine Decke übergeworfen, erinnerte sich Norbert. Und dass er mir das Cover von Original Oldies auf die Bühne reichte, um den Meister um sein Autogramm zu bitten. Und auch, dass ich nicht nur völlig überdreht auf der Bühne tanzte, sondern gleich auch noch ein schallendes Yeah in Chuck Berrys Mikrophon jauchzte. So voll „Roll over Beethoven and tell Tchaikovsky the news“ mäßig. 

Als Neil Young mir sein Album „Harvest Moon“ signierte

Neil Youngs wundervolles 1992er Album Harvest Moon, vom Meister persönlich signiert.

Es soll Musikjournalisten geben, die die Interviewzeit auch dafür verwenden, sich von den prominenten Gesprächspartnern Platten- und CD-Hüllen signieren zu lassen. Und man munkelt, dass dies nicht immer aus reiner Begeisterung geschehe, sondern mit den signierten Artefakten auch lukrativer Handel im Internet getrieben würde.

Meine Sache war das nie. Ich fand es peinlich. Genauso wie sich mit dem soeben interviewten Star fotografieren zu lassen. So finden sich nach zahllosen Interviews in meinem Archiv gerade mal zwei Fotos, auf denen ich mit prominenten Musikerinnen und Musikern zu sehen bin. Auf dem einen mit Sheryl Crow auf dem Balkon eines Hotels in München, auf dem anderen in Wien als fünfter Take That, nachdem Robbie Williams aus der Band geflogen war. Wenn ich mich recht erinnere, wollte mir Mark Owen nach dem Shooting meinen schicken, seine Einschätzung, schwarzen Mantel abkaufen. Von meinen Treffen mit David Bowie oder Bryan Ferry gibt es leider keine Bilder.

Auch nicht von meinem Interview mit Neil Young, das 1992 Hamburg stattfand, anlässlich der Veröffentlichung von Harvest Moon – einer Fortsetzung des sanften Folk- und Countryrock seiner Erfolgsplatte Harvest, die zwanzig Jahre davor erschienen war. Aber ehrlich, auch ich konnte damals nicht widerstehen, nach dem Gespräch den großen Neil Young darum zu bitten, das Cover von Harvest Moon, bis heute eine meiner Lieblingsplatten von ihm, zu signieren: To Klaus … Neil Young. Thank you, Mr. Young.

© Harvest Moon Foto by the author.

Der Tag, an dem John Lennon gestorben ist

John Lennon wurde nur vierzig Jahre alt. Weil er von einem irren Killer am 8. Dezember 1980 in New York erschossen wurde. Sein Licht strahlt jedoch unauslöschlich weiter.

Natürlich kann ich mich an diesen Tag erinnern. Diesen grauenhaften 8. Dezember 1980, an dem John Lennon gestorben ist. Jenen Tag, an dem der frühere Beatle auf dem Gehsteig  in Manhattan, New York, vor dem Dakota Building erschossen wurde, wo er, Yoko und Sean lebten,. Von einem irren Killer, dem hier nicht die zweifelhafte Ehre zuteilwerden soll, seinen Namen zu nennen, und der auf immer in einem Gefängnis der USA eingesperrt bleiben möge.

Die Erinnerung an die Ereignisse vom 8. Dezember 1980 ist so präsent, als wäre es gestern gewesen. Die Tage, an denen John F. Kennedy und Martin Luther King gemeuchelt wurden, waren für mich zu früh. Der Tag, an dem Elvis Presley starb, traf mich aber sehr. Doch jener Tag, an dem John Lennons Leben so tragisch und sinnlos enden musste, hat sich so tief in die Festplatte in meinem Kopf eingebrannt wie kein anderer schrecklicher Tag. Tiefer auch als die fürchterlichen NewYorker 9/11-Terror-Bilder von 2001 oder horrible Ereignisse jüngeren Datums. Damals konnte ich den ganzen Tag lang an nichts anderes mehr denken als an John Lennons grauenvolles, viel zu frühes Ende.

Nicht einmal die Dias von damals bräuchte ich,  um mich an diesen Tag zu erinnern. Darauf ist mein bester Freund und Studienkollege Hans zu sehen, wie er sich eine englische Zeitung entsetzt vor das Gesicht hält, mit der Schlagzeile, dass John Lennon erschossen wurde – mit seiner runden Nickelbrille und den schulterlangen Haaren sah Hans John Lennon sogar ähnlich. Die Nacht nach Johns Tod  haben wir gemeinsam durchwacht und durchgeredet, und die ganze Zeit über John Lennons Lieder und die seiner Beatles gehört.

Nach John Lennons Ermordung habe ich keine andere Platte so oft gehört wie seine und Yoko Onos gerade neue Langspielplatte Double Fantasy. Bis ins nächste Jahr hinein hat sie meinen Plattenspieler kaum einmal verlassen.

Yoko Ono hat dann nach der Schreckenstat zu einem Positive-Gedanken-rund-um-die-Welt-und-raus-ins-Universum-Schicken für John Lennon aufgerufen. Es sollte um eine bestimmte Uhrzeit geschehen, ausgehend von einer im New Yorker Central Park versammelten Menschenmenge. Ich saß, als das passierte, gerade in einem Zug nach Irgendwo. Aber ich spürte die aus dem Central Park kommenden Vibes für John Lennon in diesem Moment, und ich schickte meine Vibes retour nach New York und überall in die Welt hinaus: „You may say I’m a dreamer / But I’m not the only one / I Hope someday you’ll join us / And the world will be as one …” (John Lennon, Imagine, 1971)

Leonard Cohen: Mehr Licht für die Welt

„There’s a crack, a crack in everything / That’s how the light gets in“ – Leonard Cohen (21.9.1934 – 7.11.2016)

Leonard Cohens Körper schien in seinen letzten Lebensjahren immer mehr zu schrumpfen. Auf der Bühne kauerte er sich zusammen, schien niederzuknien und verstärkte so noch den Eindruck der Gebrechlichkeit, des Vergehens, der Endlichkeit. Die Videos, die ihn an der Seite seines Sohnes Adam zeigten, wie er seine neuen Songs kommentierte, zeigten, dass Cohens Physis schwächer wurde. Aber: Sein Talent, seine Schaffenskraft, sein Intellekt, seine Poesie blieben ungebrochen. Und die goldene Stimme, die Gott ihm geschenkt hatte, sie wurde immer mächtiger, auf der Konzertbühne wie im Tonstudio. Zuletzt erhob der Sänger sie zu Lebzeiten auf dem Album You Want It Darker.

Ich wollte damals keine Kritik von You Want It Darker schreiben, weil ich die Finalität, die er in seinen neuen Liedern adressierte, noch nicht gekommen wissen wollte und hoffte, dass der Albumtitel von Leonard Cohen vielleicht doch bloß ironisch gemeint war. Ich wollte auch mit keiner weiteren Lobpreisung, die You Want It Darker ob der geballten lyrischen, vokalen und stimmlichen Kraft gebührt, in den Chor der Vorabnachrufschreiber einstimmen. Das erschien mir angesichts von Leonard Cohens schwindender Lebenskraft vorschnell leichenfledderisch.

Stattdessen zog ich es vor, allein mit Leonard Cohen allein Zwiesprache zu halten. Wie ich es oft in den letzten vierzig Jahren getan hatte. Ich spürte in den acht Liedern auf You Want It Darker einmal mehr seine hoffnunggebende Kraft, seine Spiritualität, seine Weisheit, aber auch seinen ungebrochenen Humor.

Leonard Cohen ist  am 7. November 2016, verstorben. You Want It Darker ist ein würdiger Schlusspunkt für sein wundervolles Lebenswerk, auch wenn mit dem posthum veröffentlichten Thank You For The Dance, das sein Sohn Adam fertigstellte, 2019 noch ein weiteres wunderbares Album folgte. Er lebte ein erfülltes Leben. Ein Bild von einem Mann, der die Frauen liebte, und die Frauen liebten ihn. So wie die kurz vor ihm verstorbene  Marianne Ihlen (So Long Marianne), der er in einem Abschiedsbrief schrieb, dass er spüre, er werde ihr schon bald nachfolgen, und sie möge ihm aus dem Jenseits schon mal die Hand reichen.

Leonard Cohen war ein genialer Poet, Dichter, Denker, Philosoph, Sänger, Songschreiber und der Inbegriff einer unfassbaren Coolness. Ohne ihn je persönlich kennengelernt zu haben, war er mir seit den 1970ern ein Freund, vielleicht auch weil wir beide an einem 21. September geboren wurden, vor allem aber mit seinen Liedern, mit denen er mehr Licht in die Welt brachte.  

 

 

 

 

B-logbook: 30.07.2023: Popincourt – “We Were Bound To Meet”. Vinyl LP, Test Pressing, 2023.

Now playing: Popincourt „We Were Bound To Meet“, vinyl LP, test pressing. Official album release September 15, 2023. What a Sunday morning pleasure!

B-logbook: 29.07.2023: Popincourt – “We Were Bound To Meet”. Album, LP/CD, 2023.

This was brought by the postman, a special parcel from Paris, mailed by Olivier Popincourt. Popincourt‘s third album We Were Bound To Meet. LP, CD, and a vinyl LP test pressing as a special present! We Were Bound To Meet will be officially released midst September. But it will be already my soundtrack of this weekend. What a superb new addition to my record collection. Merci, Olivier.

B-logbook: 25.07.2023: ENCORE! The Full Bruce Springsteen and the E Street Band Live Experience at Olympics Stadium Munich, July 23, 2023

My gospel according to Bruce Springsteen. Established fan since 1975. All records of Bruce in my record collection since, with or without The E Street Band. Witnessed five concerts before the World Tour 2023, three of them with the E Street Band, one of them the now legendary start of the Reunion Tour of Bruce and the E Street Band on April 9, 1999, in Barcelona. And now July 23, 2023, in Munich at the vibrating Olympics Stadium – an emotional awakening!  I witnessed it, I can testify!

The full Bruce Springsteen and the E Street Band experience: What a magical, beautiful, joyful, soulful, hopeful, empowering, life-celebrating, hot rocking evening it was. Full of love, positivity, and warm-hearted vibes. What a blast! My most thrilling, most moving,  Springsteen concert ever! Already the opening salvo of No Surrender, Ghosts, Prove It All Night, Letter To You, The Promised Land – totally overwhelming! Springsteen sang like a Rock & Soul-God and was on fire on his guitar. And the E Street Band? Pardon me, Big Man. Pardon me, Danny. But the E Street Band 2023 is maybe the best E Street Band ever with a sheer incredible rock & soul power.

The Boss conducts the whole concert within a thematical frame: From fugacity, moribundity and death to hanging in there when the going gets tough, surviving, hope, loving life, the power of love and religion. Between these signposts the setlist varies in nearly every show according to Springsteen’s mood and artistic ideas.

Key-songs are:

No Surrender – “We made a promise/ We swore we’d always remember/ No retreat, baby, no surrender”.

Ghosts – “I hear the sound of your guitar/ Comin’ in from the mystic far/ …/It’s just your ghost/ …/ I’m alive and I can feel the blood shiver in my bones/  I’m alive and I’m here on my own/ I’m alive and I’m coming home/ Yeah I’m comin’ home”.

Letter To You– “Tried to summon all that my heart finds true/ And send it in my letter to you/ The things I found out through hard times and good/ I wrote ‘em all out in ink and blood/ Dug deep in my soul and signed my name true/ And I send it in my letter to you.”

Last Man Standing – “Rock of ages lift me somehow/ Somewhere high and hard and loud/ Somewhere deep in the heart of the crowd/ I’m the last man standing now”.

Because The Night – “Because the night belongs to lovers/ Because the night belongs to lust/ Because the night belongs to lovers/ Because the night belongs to us”.

I’ll See You In My Dreams – “I’ll see you in my dreams/ When all our summers have come to an end/ I’ll see you in my dreams/ We meet and live and laugh again/ …/ For death is not the end/ …/ I’ll see you in my dreams”.

Munich, Olympics Stadium, July 23, 2023 – Setlist:

No Surrender

Ghosts

Prove It All Night

Letter To You (lyrics translated to German on the video screens)

The Promised Land

Out In The Street

Darlington County

Kitty’s Back

Nightshift

Trapped

Johnny 99

The River

Last Man Standing (lyrics translated to German on the video screens)

Backstreets

Because The Night

She’s The One

Wrecking Ball

The Rising

Badlands

ENCORE

Born To Run

Bobby Jean

Glory Days

Dancing In The Dark

Tenth-Avenue Freeze Out

I’ll See You In My Dreams (lyrics translated to German on the video screens)

© All those fine concert pics snapped by my lovely, multi-talented daughter Ines.

B-logbook: 24.07.2023: The Bruce Springsteen and the E Street Band Experience Live in Munich

Witnessing yesterday the full Bruce Springsteen and the E Street Band experience live in Munich at the Olympics Stadium. What a magical, beautiful, joyful, soulful, hopeful, empowering, life-celebrating, hot rocking evening it was. Full of love, positivity, and warm-hearted vibes. You can’t do better than this. Pure bliss. So blessed having been there.

© Those fine concert pics snapped by my wonderful daughter Ines.



Bruce Springsteen hat mich noch nie im Stich gelassen

Als Bruce Springsteen letzten Herbst seinen schier unglaublichen 73.Geburtstag feierte, erinnerte ich mich daran, wie ich mir damals in meinem Teenagerzimmer nächtelang über Kopfhörer sein Album Born To Run anhörte, und was Bruce und diese Platte für mich bedeuteten.

Tramps like us, baby, we were born to run. Als Bruce Springsteen letzten Herbst seinen schier unglaublichen 73.Geburtstag feierte, erinnerte ich mich daran, wie ich mir damals in meinem Teenagerzimmer nächtelang über Kopfhörer sein Album Born To Run anhörte, und was Bruce und diese Platte für mich bedeuteten. Ich hatte in meinem Elternhaus neben meinem Zimmer mit der klassischen, nicht gerade schicken Jugendzimmereinrichtung, Bett, Kasten, Bücherregal, Schreibtisch, als ich älter wurde, einen ungenutzten winzigen Raum besetzt, den ich Studio nannte. Am Boden lagen ein paar alte Matratzen und Kissen, neben meinem prächtigen schwarzen Sansui Hi-Fi-Turm und meinem alten Radiorekorder hatten nur noch meine Schallplatten, Musikkassetten, Lieblingsbücher, ein Stapel Musikzeitschriften und meine Akustikgitarre Platz, an den Wänden hingen ein paar Poster und selbstgemalte Bilder, die auf der Siebzigerjahre-Tapete drüben im Jugendzimmer nicht appliziert werden durften.

Oft lag ich damals nächstens im Studio am Boden auf der Matratze und hörte über Kopfhörer Springsteens Born To Run-Album, voll geflasht von der Musik und den Texten von Bruce, die ich am Cover mitlas, nur die kleinen roten Kontrollleuchten der Sansui-Anlage leuchteten im Dunklen. Ich war tief bewegt von diesem allmächtigen Sänger und seiner allmächtigen Stimme und seinen allgewaltigen Songs, vom mitreißenden Fluss seiner Lyrik, von der unwiderstehlichen Welle von Gefühlen und der explosiven Energie, die eine ganze Stadt hätte erleuchten können. Obwohl ich seit Kindheit schon ein riesengroßer Beatles-Fan war und bis heute bin, waren Thunder Road, Tenth Avenue Freeze Out, Backstreets, She’s The One oder Jungleland mein Lebensstoff in diesen Tagen.Obendrauf noch der Urknall des welterschütternden Titelsongs Born To Run – der Song meines Lebens, war ich mir damals sicher. Und manchmal fühle ich das noch heute, cause tramps like us, Bruce und ich, we were born to run.

Damals, an seinem 73. Geburtstag ging mir auch die Frage durch den Kopf, wie Bruce Springsteen, eigentlich schon längst im Pensionsalter, immer noch physischund mental so stark sein kann, noch immer so kreativ, so voller Schaffenskraft, Energie und Leidenschaft?Ich weiß nicht, wie der Boss das schafft. Ich weiß nur, dass mich Bruce zeit meines Lebens noch nie im Stich gelassen hat.

Momente zum Erinnern: Meine Stunde mit Beatle Paul McCartney

Paul McCartney, der ewige Beatle, unermüdlich und für immer jugendlich, feiert am 18. Juni 2023 seinen 81. Geburtstag.

Da ich als Jugendlicher die Beatles und die Wings, Paul McCartneys zweite famose Band, zeitnah miterleben konnte, und ich seine wundervollen Songs über alles schätze, ist Paul McCartney bis heute für mich jemand ganz Besonderer geblieben. Was seine Bedeutung als musikalischer Held in meinem Leben anlangt, gibt es für mich – außer den anderen drei Beatles niemanden, der an ihn heranreicht. Auch nicht die Rolling Stones, Neil Young, Paul Simon, Bruce Springsteen, Frank Sinatra, Leonard Cohen, Elvis Costello oder Paul Weller, um nur einige weitere, für mich ganz Große zu nennen, deren Platten und CDs meine Regale füllen. Und ich könnte hier mehr als genug großartige Momente in meinem Leben aufzählen mit der Musik der Beatles oder der Wings und natürlich auch aus Paul McCartneys Schaffen als Solokünstler.

Außer dem großen Einfluss, den Paul McCartneys Musik auf mein ganzes Leben hatte, passierte mein kostbarster Paul-McCartney-Moment, meine über alles kostbaren sechzig Paul-McCartney-Minuten, am 31. Oktober 2008. Ich arbeitete als Herausgeber und Chefredakteur des österreichischen Musik- und Pop-Kultur-Magazins now! und hatte einen raren Interviewtermin mit Sir Paul McCartney bekommen. Das Telefoninterview war für den Nachmittag angesetzt, für knappe zehn Minuten. Wir konnten dann aber nicht so lange reden wie geplant, da Paul McCartney während des Telefonats in seinem Auto schon zum nächsten Meeting chauffiert wurde und gleich wieder aussteigen musste.

Doch Paul McCartney, ein echter Sir, entschuldigte sich liebenswürdig und schlug vor, dass wir unser Gespräch doch am Abend fortsetzen könnten, falls ich Zeit dafür hätte. Schließlich hätte er gemerkt, dass ich mich auskenne, er fände meine Fragen interessant und wolle noch gerne mit mir weitereden. Paul McCartney gab mir die Telefonnummer seines Sekretärs in London, damit ich diesen verständigen konnte, dass er unser Gespräch fortsetzen wolle, und man abends noch einen Termin einplanen sollte. Er versprach mir, mich am Abend wieder anzurufen.

Ich telefonierte also mit Paul McCartneys Londoner Büro, erklärte alles, und nur eine Viertelstunde später rief sein Assistent zurück und gab mir den neuen Termin für die Fortsetzung des Interviews durch – um 19:45 Uhr. Abends saß ich ziemlich aufgeregt in meinem Arbeitszimmer und wartete mit meiner kleinen Tochter Ines, der ich erzählte, dass wohl bald der Beatle Paul McCartney anrufen würde, den sie und ihre große Schwester Nina ja aus dem lustigen Beatles-Film A Hard Days Night  gutkannten, da wir uns den Schwarzweißstreifen schon oft gemeinsam angesehen hatten, und ich den beiden auch die A Hard Days Night-CD geschenkt hatte. Aber ehrlich, ich hatte meine Zweifel, ob der vielbeschäftigte ewige Beatle tatsächlich noch einmal anrufen würde – obwohl er mir in unserem kurzen Gespräch nachmittags gleich erlaubt hatte, ihn einfach mit Paul anzureden.

Exakt um 19:45 läutete das Telefon. Als ich abhob und mich meldete, sagte am anderen Ende der Leitung Paul McCartneys weltbekannte Stimme auf seine sympathische, bescheidene Art „Hello, it’s Paul again…“ Wir setzten unser Gespräch vom Nachmittag eine Stunde lang fort. Wir sprachen nicht nur über sein damals gerade neues Album Electric Arguments, unter dem Namen The Fireman, mit dem Produzenten Youth als musikalischem Partner und John-Lennon-Ersatz. Sondern auch über viele andere Themen – seine nicht versiegen wollende Kreativität, Energie und Spielfreude, die Kunst des Songschreibens und natürlich auch über die Beatles, deren legendäres Album Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band und die Lücke, die John Lennon für ihn persönlich hinterlassen hatte.

Es war eine ganz besondere Stunde. Sie ist nicht nur der Höhepunkt meiner Musikjournalismus-Jahre, sondern auch ein ganz großer persönlicher, emotionaler Moment in meinem Leben. Eine Stunde, die mir zeigte, dass Paul McCartney nicht nur ein großartiger, genialer Musiker, Songschreiber und Sänger ist, sondern auch ein anständiger, ehrenhafter, achtbarer, höchst sympathischer Mensch.

Eine Welt ohne den Glück und Licht in die Welt bringenden Musiker und Menschen Paul McCartney, eine Welt ohne seine Lieder möchte ich mir gar nicht vorstellen müssen, aber ich möchte ihm von Herzen alles Gute, Gesundheit und Liebe zum 81. Geburtstag wünschen! Happy Birthday, Paul! And Many Happy Returns! I salute you! Hip! Hip! Hooray!