Das now!-Archiv: now! N° 13, November 2002

Die dreizehnte Ausgabe des österreichischen Musik- und Pop-Kultur-Magazins now! vom November 2002. 

Am Cover: Foo Fighters 100% now! Empfehlung: Dzihan & Kamien Album des Monats: Badly Drawn Boy Have You Fed The Fish now!-Interview: Tori Amos Interviews & Stories: Foo Fighters, Dzihan & Kamien, Christina Aguilera, DJ DSL, Richard Ashcroft, Justin Timberlake, Pearl Jam, Sinead O’Connor, The Rolling Stones, Johnny Cash, Shaggy, Beck, David Gray, Tom Jones, Patrice. Moderne Klassiker: The Human League Dare!  Talk now! Frageboge: Ronan Keating.

Das now! Magazin ist zehn Jahre lang im Salzburger now! Media Verlag erschienen, der 2001 von mir, der ich als Herausgeber & Chefredakteur fungierte, und drei Freunden, Hans, Bernie und Joe, gegründet wurde. In den kommenden neun Jahren sollten noch 87 weitere Ausgaben von now! erscheinen.

Record Collection N° 176: Kris Kristofferson “Closer To The Bone” (New West Records, 2009)

KRIS_KRISTOFFERSON_COVER_Closer_To_The_BoneIn diesem würdigen Alterswerk setzte Kris Kristofferson konsequent seinen Weg fort und schürfte in den Songs nach der Essenz seines Lebens. Es gehört in eine Liga mit seinen besten Alben in den frühen 1970s.

Kris Kristofferson setzte auf Closer To The Bone konsequent den mit This Old Road (2006) beschrittenen Weg fort. Es glückte ihm damit ein Album, das in eine Liga mit seinen besten Alben in den frühen 1970ern gehört. Produzent Don Was, der zugleich auch Bass spielte, fungierte wieder in der Rolle, die Rick Rubin für Kristoffersons schon verstorbenen Freund und Mentor Johnny Cash spielte. Begleitet wird der 73-jährige Sänger und Songschreiber neben Don Was von Könnern wie Gitarrist Stephen Bruton, der kurz nach Fertigstellung des Albums verstarb, Schlagzeugveteran Jim Keltner und Keyboarder Rami Jaffee. Der warmherzige Sound des Quintetts ist weniger spröde als noch vor drei Jahren und steht Kristoffersons Balladen ausgezeichnet, in denen er einmal mehr nach der Essenz seines Lebens schürfte.

Der Titelsong strahlt gleich zu Beginn nur so vor berührender Lebensweisheit. From Here To Forever ist ein wundervolles Liebeslied für Kristoffersons Kinder. Holy Woman, der schmachtende Country-Walzer Starlight And Stone und Tell Me One More Time sind glühende Love Songs an die Frau(en) in seinem Leben. Sister Sinead ist der irischen Sängerin Sinead O’Connor gewidmet, die Kristofferson einst 1992 tröstend umarmte bei einem Jubiläumskonzert für Bob Dylan im New Yorker Madison Square Garden, als sie vom Publikum ausgebuht wurde. Good Morning John gehört keinem Geringeren als Johnny Cash. Und als Draufgabe gibt es zum Schluss noch Kris Kristoffersons allerersten Song I Hate Your Ugly Face, den er schon als Elfjähriger geschrieben haben soll. Ein passender Kontrapunkt zu diesem würdigen Alterswerk.

Kris Kristofferson Closer To The Bone, New West, 2009

(Erstveröffentlicht in now! N° 81, Oktober 2009, komplett überarbeitet im Februar 2021)

© Closer To The Bone Pics shot by Klaus Winninger

Familie Lässig live – echt lässig!

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28.02.2020, ARGEKultur Salzburg: Superfantastisches Konzert der österreichischen Indie-Pop Band Familie Lässig.

A Family Affair: Das Konzert der österreichischen Indie-Pop-Band Familie Lässig in der ARGEKultur hat mich voll ge-rama-lama-ding-dongt. Weil voll mitreißend – durchaus theatralisch inszeniert; mit witzigen Songansagen und kabarettistischen Einlagen; mit rauschend fiepsendem, rockenden, groovenden, in den Kopf und ans Gemüt gehenden Pop’n’Roll. Man kann der Band nur mille grazie sagen für diese famose Show. Dem früheren Mondscheiner-Sänger und Gitarristen Manuel Rubey und seinen kongenialen Familienmitgliedern: Cathi Priemer (die Bandchefin; Schlagzeugerin); Clara Luzia (seit 2017 Familienmitglied; auf der Bühne die „Königin“ genannt; Gesang, Gitarre); Boris Fiala (Ex-Mondscheiner; der Mann für viele Instrumente); Gunkel (Bass, Gesang; Familienzuständiger für Instant-Philosophie).

Dass die Familie Lässig derart gut drauf ist, kam für mich zugegeben überraschend. Das Konzertticket quasi auf Verdacht gekauft, gespannt, was mich erwarten würde. Weil ich die Familie Lässig bislang nur am Rand wahrgenommen hatte. Also, als namentlich gute besetzte Spaßcombo, die jahrelang mal da, mal dort live gespielt hat und mit ihren gekonnten Coverversionen von deutschsprachigen Indie-Pop-Songs und ins Österreichische übertragenen, anglosächsischen Pop-Klassikern für gute Laune und gutes Geld für gute Charity-Projekte sorgte.

Jetzt weiß ich, die Familie Lässig kann noch mehr. Eine famose Band. Schon eine klasse Rollenverteilung auf der Bühne: die Powerschlagzeugerin Cathi Priemer hält die Familie zusammen, eröffnet von hinten das Spiel, gibt den Beat vor wie Ringo Starr oder Jon Bonham. Boris Fiala glänzt als sympathischer, familientauglicher Mann für viele Instrumente und Sounds. Clara Luzia überzeugt voll als mutige Frontfrau, intensive Sängerin und Gitarristin, die sich neben den Rampensäuen Rubey und Votava gut behaupten kann. Die beiden machen für die „Königin“ aber auch gern mal einen Schritt zurück. Manuel Rubey brilliert als nicht aufgeplusterter, aber voll charismatischer Sänger, nachdenklicher Erzähler und Poet. Gerald Votava möglicherweise in der Rolle seines Lebens, schrill kostümiert mit bizarren Leggins und Ruderleiberl, markiert er den spacigen Rockgitarristen und genießt sein herrlich überzogenes Gehabe und seine elastischen Moves, cool as fuck wie Ronnie Wood und Keith Richards von den Stones, eine heiße Stromgitarre spielt er auch. Und nicht zuletzt, ganz außen Gunkel, im Sitzen praktisch der Ruhepol der Band, mit seinem stoischen Zeitlupenbass, der tiefer als Leonard Cohen tiefen Stimme und seiner lässigen Allzweckphilosphie.

Das Konzertticket für die Familie Lässig war eine gute Investition. Die Lieder ihres bis jetzt einzigen, superfeinen Albums Im Herzen des Kommerz gehen mir nun nicht mehr aus dem Kopf. Ohrwurm quasi. Höre sie gerade auch die ganze Zeit. Hätte ich die Platte schon 2018 gehört, wäre sie sicher in meinen Top Ten Lieblingsalben von 2018 gelandet.

Die Hochkaräter-Songs von Im Herzen des Kommerz bilden den Kern der aktuellen lässigen Live Show. Egal, ob die Songs aus eigener Feder wie Kopf im Sand, 2000 Lightyears, Glück, Applaus, Regen oder Die Erinnerung. Oder die klug gewählten und zu quasi eigenen Familiensongs gemachten Coverversionen wie Das Leichteste der Welt (Gisbert von Knyphausen), Kirschen (Nils Koppruch), Blumen im Sand (Stefanie Werger) oder Der Mond (Rocko Schamoni). Drum herum gibt es weitere superlässige Coverversionen-Kracher: Halt dich an deiner Liebe fest (Ton Steine Scherben), Arbeit (Bruce Springsteen/Kurt Ostbahn), Freunde der Realität (Funny van Dannen) und Weil i di mog (Relax). Obendrauf noch Nothing Compares To You von Prince bzw. Sinead O’Connor und You’ve Lost That Loving Feeling von den Righteous Brothers, gesungen auf Österreichisch, letzteres von Gunkels Brummbass. Simply famos.

 Mit der zweiten oder dritten Zugabe inszeniert die Familie Lässig mit zwei „Schlafliedern“  ein grandioses Finale: Zum einen Manuel Rubeys 2000 Lightyears und Der Mond mit Gerald Votava als glitzerndem Discokugel-Mann im Mond. Großes Kino, das.

Apropos großes Kino: Am 31. März 2020 kommt Manuel Rubey mit seinem ersten Solo-Kabarett-Programm Goldfisch zur Salzburg-Premiere in die ARGEKultur, längst ausverkauft wie das Konzert der Familie Lässig.

(c) All Concert Pics shot by Klaus Winninger.