Record Collection N° 42: Paul McCartney “Egypt Station” (Capitol Records, 2018)

On the turntable: Egypt Station

Paul McCartney müsste nichts mehr beweisen, aber er beweist seine Extraklasse mit „Egypt Station“ einmal mehr.

Mein Album des Jahres 2020? Paul McCartneys Egypt Station. Was sonst? Wer 2018, wenn nicht Paul McCartney? Der Sir und ewige Beatle. Weil Paul McCartney erstens damals und überhaupt, der coolste Mensch auf diesem Planeten ist. Weil Paul McCartney zweitens 2018 angesagt war wie nur wer. Beispiele? Die lässige Carpool-Karaoke-Sause in Liverpool mit dem  superlustigen James Corden von der „Late Late Show“, Großbritanniens Humorgeschenk an die USA. Das famose Minikonzert in der New Yorker Grand Central Station zur Veröffentlichung von Egypt Station, das live auf YouTube war. Überhaupt Maccas cooler YouTube Kanal und seine ganze hippe Präsenz in der digitalen Welt der Online-Medien. Die superfantastischen Konzerte seiner laufenden „Freshen Up“-Tournee mit seiner großartigen Band, die in einem grandiosen zweieinhalb Stunden Gig vor zehntausenden euphorischen Fans beim Austin City Limits Fest (gibt’s auch auf YouTube in guter TV-Qualität) gipfelten. Und yeah, weil das alles so gut lief für ihn, war Paul McCartney 2018 angesagt ist wie nur wer. Und das bei Jung und Alt. Ein Blick ins Publikum seiner Konzerte bestätigt das, aber pronto.

Drittens ist Egypt Station nicht irgendein weiteres neues Album von Paul McCartney, sein 18. Soloalbum halt, sondern eines, bei dem man von Anfang an sicher ist, dass der ewige Beatle, nicht einfach auf Nostalgie-Walz in der Penny Lane unterwegs ist. Man gneißt gleich, dass der Paul McCartney mit Egypt Station noch mal so richtig was reißen will. Und yeah, das hat voll geklappt, Egypt Station war sein erstes Nummer-1-Album in den USA überhaupt.

„Freshen Up“ war nicht nur das Motto der neuen Tournee, sondern auch das Motto der neuen, nach dem Cover-Gemälde von Macca benannten Platte, die Paul McCartney größtenteils alleine aufgenommen hat oder mit den Musikern seiner Live-Band; in den Londoner Abbey Road Studios, in seinem Heimstudio am Land in Sussex und in Los Angeles. Produziert hat bis auf die Single Fuh You (Ryan Tedder von One Republic) Greg Kurstin, der Typ vom amerikanischen Electro-Pop-Duo The Bird and the Bee, der auch schon mal für Adele oder Beck als Produzent arbeitete. Aber was sind schon Namen.

Was zählt ist, dass an Egypt Station alles superfrisch, modern, heutig, zeitgeistig im positiven Sinn ist – alles total präsent und voll relevant, 100% Paul McCartney. Die Produktion, der Sound, die Musik, die schöne Melodien und knackigen Hooklines. Die pointierten Songlyrics. McCartneys Stimme. Jeder der 16 Songs packt einen wie nur was. Von den nonstop aufeinander folgenden Volltreffern auf den ersten Plattenseiten,  I Don’t Know, Come On To Me, Happy With You, Who Cares, Fuh You, Confidante, People Want Peace und weiteren mehr bis zu den komplexeren, nicht weniger spannenden Stücken Despite Repeated Warnings und Hunt You Down/Naked/C-Link auf der vierten Seite. Jeder Song hier lohnt es, näher hinzuhören und sich darauf einzulassen.

Apropos frisch: Paul McCartneys naturgemäß tiefer und brüchiger gewordene Stimme steht seinen neuen Songs genauso gut wie Sir Paul sein nun endlich natürlich ergrauender Beatles-Pilzkopf. Beides lässt ihn nur noch präsenter, realer, authentischer, erscheinen. Ehrlich, wenn ich mal 80Jahre alt bin, wäre ich gern so wie Paul McCartney jetzt. Wäre das nicht cool?  Paul McCartney ist definitiv der coolste Mensch auf unserem Planeten.

Paul McCartney Egypt Station, Capitol Records, 2018

© Egypt Station Pic by Klaus Winninger

Feist: „Man verunfallt sich im Leben von einer Entscheidung zur nächsten.“

feist_01Die famose kanadische Singer/Songwriterin Leslie Feist hat ihr Album Metals in ihrem Gartenhaus in Toronto und in Big Sur an der kalifornischen Küste aufgenommen.

Ist heute Mittwoch? Dann ist Feist gerade in Paris. Die 35-jährige kanadische Singer-Songwriterin ist seit Wochen unterwegs, um ihr neues Album Metals zu promoten. Und sie ist heute gefragt wie noch an keinem Punkt zuvor in ihrer Karriere.

Ihr 1999er Debütwerk Monarch floppte grausam, was sie fast schon aufgeben ließ und einmal mehr zum Kellnern zwang, um ihre Miete zahlen zu können. Seit ihrem ersten zarten Hit Mushaboom von ihrem überraschenden 2004er Erfolgsalbum Let It Die ist Leslie Feist, wie sie eigentlich mit vollem Namen heißt, aber zu einer der faszinierendsten und erfolgreichsten Künstlerinnen der Popmusik geworden. Album Nummer drei The Reminder verkaufte sich seit seinem Erscheinen weltweit über 1,8 Millionen Mal. Der daraus als Single veröffentlichte, naiv-nette Mitsinghit 1234 untermalte einen Werbeclip für die iPods von Apple, ließ sie in der Fernsehserie „Sesamstraße“ auftreten und machte die nicht gerade aufs Berühmtsein versessene Kanadierin weltweit zum Star.

Leslie Feist ist jetzt berühmt, wenn auch nach ihren eigenen Spielregeln, umgeben von einer künstlerischen, geheimnisvollen, nachdenklichen Aura. Mit ihrer stillen, kühlen Eleganz fangen aktuelle Pressefotos Feists natürliche Bescheidenheit und ihre irgendwie dann doch glamouröse Anti-Star-Attitüde perfekt ein. Sie agiert im Pop so glaubwürdig wie stilsicher an der Kreuzung von Indie-Szene und Pop-Mainstream. Nicht umsonst zählte Feists neuer Longplayer Metals zu den mit größter Spannung erwarteten Alben des Jahres. Und nicht zuletzt verband ihre Plattenfirma damit entsprechend hohe Verkaufserwartungen, erst recht in einem Jahr, in dem von Neo-Soul-Queen Adele bis Schrillpopsirene Lady Gaga die Charts vorrangig von Frauen dominiert wurden.

Die französische Promotion-Dame ihrer Plattenfirma entschuldigt sich, bevor sie mich mit Leslie Feist verbindet, für die knappe Interviewzeit von zwanzig Minuten, aber mehr wäre an einem Marathon-Interview-Tag wie heute einfach nicht möglich. Als ich Feist eingangs frage, worüber wir in der wenigen Zeit wohl am besten reden sollten, gluckst sie vor Lachen. Erst recht, als ich ihr ein paar grundlegende Themen vorschlage und frage, warum sie denn überhaupt Musik mache und Songs schreibe? Und was sie mit diesen eigentlich erforschen und kommunizieren wolle? „Wow! Weil wir nicht allzu viel Zeit haben, sollen wir also über die größten Fragen reden, die sich überhaupt stellen? Das gefällt mir“, prustet sie heraus und meint, sie hätte schon als Kind am allerliebsten bei jeder Gelegenheit in ihrem Elternhaus gesungen. „Ich habe mich immer besonders zur Musik hingezogen gefühlt, aus welchen Gründen auch immer. Nichts hat mich mehr interessiert, und es kommt mir vor, als hätte ich immer schon Musik gemacht. Sie ist für mich eine Art Muskel geworden oder ein Instinkt, mit dem ich auf alles reagiere. Eine Möglichkeit, meine Erfahrungen und die Art, wie ich die Welt sehe, praktisch einrahmen zu können.“

Ungeachtet des Dauerstresses, dem Feist ausgesetzt ist, wirkt sie erfrischend positiv gestimmt und gut gelaunt. Sie lacht oft während des Interviews, scheint mit viel Humor und einer guten Portion Selbstironie gesegnet. Sie wirkt, obwohl nur via Ferngespräch verbunden, nahe und persönlich, voll auf unser Gespräch konzentriert. „Es war also immer schon klar für Sie, dass nur die Musik Ihr Leben bestimmen wird?“, frage ich nach. „So klar war das nicht“, meint Feist. „Das Leben verläuft doch selten in so geraden Bahnen. Normalerweise verunfallt man sich doch von einer Entscheidung zur nächsten“, amüsiert sie sich. „Viele Jahre war ich mir gar nicht so sicher, ob es wirklich die Musik sein muss. Ich lavierte herum, hatte viele verschiedene Jobs um zu überleben und spielte und sang eher nebenbei in verschiedenen Bands oder bei anderen Leuten in der zweiten Reihe mit. Ich habe immer noch das Gefühl, dass es eigentlich noch gar nicht so lange her ist, dass ich realisiert habe, dass die Musik tatsächlich mein Leben werden könnte. In dem Sinne, dass sie mich unterstützt, wenn ich sie unterstütze. Andererseits hatte ich aber auch nie einen Plan B, auf den ich hätte ausweichen können. Obwohl ich ehrlich nie voll überzeugt war, dass es mit der Musik für mich wirklich klappen könnte.“

Als Teenager in der kanadischen Olympiastadt Calgary war Leslie Feist ein Punk, gründete mit 15 ihre erste Punkband, die sogar einmal vor den legendären Ramones auftrat, und sang zugleich noch im Schulchor. Ein Jahr später schmiss sie die Schule, ging erstmals auf Tournee und übersiedelte nach Toronto, wo sie in verschiedenen Punk- und Indierockbands mitmachte. Sie befreundete sich mit der Electropunk-Sängerin Peaches, auf deren ersten Platten sie mitsang, und später auch mit  den musikalischen Freigeistern Mocky und Chilly Gonzales, die heute noch ihre beiden wichtigsten kreativen Partner und engsten Vertrauten sind.

Nach der Jahrtausendwende arbeitete Feist neben Kollaborationen mit Gonzales, den norwegischen Neo-Folkies von Kings Of Convenience und der kanadischen Indierockcombo Broken Social Scene an ihrem zweiten Langspieler Let It Die, den sie in Paris einspielte, wohin sie vorübergehend gezogen war. 2007 folgte das erneut in Frankreich entstandene dritte Album The Reminder und damit der große Durchbruch, der aber seinen Preis forderte.

„Wenn die Dinge an der Außenseite größer werden, fühlen sie sich an der Innenseite für mich so an, als würden sie schrumpfen“, versucht Feist die  Veränderungen zu beschreiben, die der Erfolg der letzten Jahre mit sich brachte. „Der Kreis an Leuten, die ich respektiere und denen ich vertrauen kann, ist immer kleiner geworden. Man beginnt noch genauer zu fühlen, wer für einen wichtig ist. Und was für einen wirklich wichtig ist. Alles was sich außen änderte, ließ mich innerlich nur noch konzentrierter werden.“ Nachdem sie über sieben Jahre beinah nonstop auf Tournee gewesen war oder an Platten arbeitete, brauchte die Musikerin dringend eine Pause und zog 2008 die Notbremse. Sie beschloss, mindestens ein Jahr lang eine Auszeit zu nehmen und währenddessen weder Songs zu schreiben noch live aufzutreten. Der Erfolg und damit verbundene gestiegene finanzielle Wohlstand machten es leichter, meint Feist, ihr Vorhaben auch realisieren zu können. „Das ganze Geld erlaubte mir, nachdem ich auch mit The Reminder wieder so lange auf Tour unterwegs war, tatsächlich aufzuhören und alles zu stoppen und trotzdem nicht gleich wieder ins Restaurant arbeiten gehen zu müssen wie früher“, lacht sie. „Aber auf meine Arbeit als Künstlerin hatte der Erfolg keinerlei Einfluss. Wenn ich solche Äußerlichkeiten nach innen lassen würde, an den Ort, wo ich meine Lieder schreibe, wäre das ein völliges  Desaster!“

Um sich zu erholen und neue Energie zu tanken und auch, um das verletzte Herz nach in die Brüche gegangenen Beziehungen zu heilen, ging Feist zurück in ihr Haus nach Toronto, wo sie sich nach der Fertigstellung des Dokumentarfilms Look At What The Light Did Now (über die Aufnahmen von The Reminder und die folgende Konzerttournee) ganz auf den Anbau von Tomaten und Kräutern und ihre beiden Hunde konzentrierte

Als es ihr nach Jahresfrist wieder besser ging, richtete Leslie Feist sich in einem Schuppen hinter dem Haus einen eigenen Raum zum Songschreiben und Musikmachen ein, strich dessen Boden und Wände in purem Weiß und platzierte darin ein brüchiges Klavier, einen alten Gitarrenverstärker und ihre Gitarre. Als sie mit den neuen Songs weit genug vorangekommen war, holte sie die beiden Multiinstrumentalisten Mocky und Chilly Gonzales zu sich, um gemeinsam an den Arrangements zu arbeiten und die Aufnahmen für Metals vorzubereiten. Besonderen Druck, ob es ihr überhaupt noch einmal gelingen werde, wieder so gute Songs wie für die vorangegangenen Platten zu schreiben, hätte sie nicht verspürt, behauptet sie: „Ich weiß eigentlich nie, warum ich schreibe oder was ich schreibe. Ich kann auch nicht schon im Vorhinein darüber nachdenken. Es ist wirklich nur ein Instinkt. Letztlich endete ich damit, für Metals auf eine Art zu schreiben, wie ich noch nie zuvor Songs geschrieben hatte. Aber das geschah nicht absichtlich. Ich fühlte mich zu einem ganz bestimmten Sound hingezogen und folgte einfach meiner Nase nach.“

Feist kann auch nicht erklären, wo so unglaublich Schönes wie ihre neuen Songs Bittersweet Melodies oder The Circle Married The Line eigentlich herkommt. Und sie will es auch gar nicht wissen, wie ihre Songs zu leben beginnen. Sie lacht einmal mehr herzerfrischend auf: „Lustig, dass Sie mich das gerade jetzt fragen. Ich versuchte mich erst gestern daran zu erinnern, wie ich dieses oder jenes Lied geschrieben habe. Aber ich weiß nur mehr, dass das alles über einen Zeitraum von drei Monaten passierte und in welchem Raum ich die Songs geschrieben habe. Es war dieses Mal eine Art Ritual, weil ich einen eigenen Raum dafür kreierte, der keinen anderen Zweck hatte als das Schreiben von Songs. Und ich verbrachte dort ganz allein viele Stunden, in denen ich mich fühlte, als wäre ich blind. Ab und zu gab es dann glücklicherweise einen Moment, in dem die Sonne durch die Wolken brach.“

Sie hätte sich gefühlt wie ein Archäologe, skizziert Feist noch ein Bild für ihren kreativen Prozess beim Songschreiben, der endlos im Sand gräbt, um einige wenige Tonscherben zu finden, aus denen er schließlich eine ganze Zivilisation und darum herum auch noch eine Mythologie aufbauen kann. Als die Songs schließlich fertig waren, übersiedelte Feist mit Mocky und Gonzales sowie Beck-Keyboarder Brian LeBarton, Schlagzeuger Dean Stone und Björk-Produzent Valgeir Sigurosson in ein Haus nach Big Sur, an der wild romantisch zerklüfteten Küste Kaliforniens. Dort lebte man gemeinsam mit Freunden und Haustieren und richtete sich ein Studio ein, wo von Mitte Februar bis Mitte März 2011 in einem Schwung sämtliche Songs für Metals eingespielt und gleich auch fertig abgemischt wurden.

Wenngleich ins Internet gestellte kurze Videoclips vom Leben in Big Sur und den dortigen Aufnahmesessions eine ausgelassene, fröhliche Stimmung und ein fast schon idyllisches Ambiente inmitten der Natur vermitteln, wirkt die Musik auf Metals oft rauer, wilder und intensiver als auf Feists früheren Alben. Deren charmante Leichtigkeit scheint der Künstlerin unterwegs verlorengegangen zu sein, zum Teil jedenfalls. Kann sie diesem Befund zustimmen? „Bis zu einem gewissen Grad schon. Wenn man mit zugekniffenen Augen The Reminder als ein bestimmtes Ganzes sieht, dann gab es dort definitiv mehr Süße und auch mehr Leichtigkeit. Und wenn man auch Metals mit zugekniffenen Augen als kompakte Einheit sehen will, erscheint es einem möglicherweise mehr als Sturm am Rand des Horizonts. Aber die Wahrheit ist, dass in den beiden Alben eine größere Vielfalt und Vielschichtigkeit existiert. The Reminder hatte auch Songs, wie Sea Lion Woman und Past In Present, und es gab auch viel Bombast darauf. Metals wiederum hat auch so zarte Sachen wie Bittersweet Melodies, Caught A Long Wind oder Cicadas And Gulls. Es gibt hier auch schöne Pausen und ruhigere Momente im Sturm.“

Wir einigen uns darauf, dass man gerade ein Album als Ganzheit mit einer bestimmten Grundstimmung betrachten kann und wohl auch so erlebt. „Metals hat sicher tiefere Wurzeln als alle anderen Platten von mir“, meint Feist: „Ich vermute, es spielt auch zu einer anderen Tageszeit. Es existiert in der Dämmerung oder in jenem besonderen Moment, in dem sich am Himmel die düsteren Wolken zusammenbrauen, kurz bevor der Sturm losbricht.“

Feist Metals, Polydor, 2011

(Veröffentlicht in: now! N° 99, Oktober 2011, komplett überarbeitet im Juni 2020)

Record Collection N° 42: Paul McCartney „Egypt Station” (Capitol Records/MPL, 2018)

My favourite album of 2018. What else? Who else? If not Egypt Station and Paul McCartney, the eternal Beatle.

First, Paul McCartney is the coolest human being on this planet. Second, in 2018 Paul McCartney was the flavour of the year, hip and sought-after like no one else. Do you need an example? Well, how about his cool Carpool-Karaoke-Party in Liverpool with James Corden, Great Britain’s humour gift to the USA. Or the mini concert McCartney played in New York’s Grand Central Station when Egypt Station was released, it was transmitted live globally via YouTube. Or Macca’s own cool YouTube channel and generally his hip presence in the digital world of online media. Or the rousing concerts of his current Freshen Up-Tour with his fantastic live band. They peaked in a two hours and a quarter gig at the Austin City Limits Fest in front of ten-thousands of euphoric fans – many of them youngsters. You can watch this concert on YouTube in excellent picture and sound quality. Yeah, Paul McCartney was the Man of the Year in 2018. For many young ones and older ones.

Third, Egypt Station  isn’t just another new album by Paul McCartney, his 18th solo album in total. It’s the one that makes you sure, that he isn’t just bound for a nostalgic trip on Penny Lane. You notice immediately, you feel it with every song, that Macca’s got his muse again and he wants to achieve as much as possible. And yes, Egypt Station was his first number one solo album in the USA since Tug of War 36 years ago.

Freshen Up isn’t only the name of his current tour, it’s also the motto of his new album, that got its name from Macca’s own cover-painting. McCartney recorded most of Egypt Station alone and some stuff also with the musicians of his live band – in London’s Abbey Road Studios, in his home studio in the rural Sussex or in Los Angeles.

Besides the rousing single Fuh You, which is produced by Ryan Tedder (of One Republic fame), the producer of the whole album is Greg Kurstin, the creative mastermind of the U.S. electro-pop-duo The Bird and the Bee, who has already worked as a producer for big names like Adele or Beck. But who cares about big names?

What really counts is, that Egypt Station is fresh, modern, up to date – totally present and relevant to the max. And 100 % Paul McCartney: the production, the sound, the music, the beautiful melodies, the crisp hooklines, the tellingly, trenchant lyrics that are worth hearing and being understood, his singing voice. Egypt Station is a superb song collection. Each of the 16 songs grabs you, and how. The instant hits keep coming on Side A, B, C: I Don’t Know, Come On To Me, Happy With You, Who Cares, Fuh You, Confidante, People Want Peace, Hand In Hand, Dominoes, Back In Brazil and some more. On Side D you hear the more complex, but no less thrilling tracks Despite Repeated Warnings and Hunt You Down/Naked/C-Link, a little song suite like the finale of The Beatles’ Abbey Road album. Each song on Egypt Station rewards you for closer listening and digging deeper.

Paul McCartney’s now deeper and more fragile singing suits his new songs just as well as his now grey Beatles haircut. Both make him more present, more real, more authentic. Honestly, when I’m 78 like he is now, I want to be so cool as Paul McCartney. Now that would be something.

Paul McCartney Egypt Station, Capitol Records/MPL, 2018

(c) Pics shot by Klaus Winninger

Paul McCartney: „Egypt Station“

Turntable / Plattenspieler N° 18: Paul McCartneys „Egypt Station“ ist mein Album des Jahres. Was sonst?

Mein Album des Jahres? Paul McCartneys Egypt Station. Was sonst? Wer 2018 wenn nicht Paul McCartney? Der Sir und ewige Beatle. Weil erstens Paul McCartney heute, grad jetzt und überhaupt, der coolste Mensch auf diesem Planeten ist. Weil zweitens Paul McCartney 2018 angesagt ist wie nur wer. Beispiele? Die lässige Carpool-Karaoke-Sause in Liverpool mit dem  superlustigen James Corden von der „Late Late Show“, Großbritanniens Humorgeschenk an die USA. Das famose Minikonzert in der New Yorker Grand Central Station zur Veröffentlichung von Egypt Station, das live auf YouTube war. Überhaupt Maccas cooler YouTube Kanal und seine ganze hippe Präsenz in der digitalen Welt der Online-Medien. Die superfantastischen Konzerte seiner laufenden „Freshen Up“-Tournee mit seiner großartigsten Band, die in einem grandiosen zweieinhalb Stunden Gig vor zehntausenden euphorischen Fans beim Austin City Limits Fest (gibt’s auch auf YouTube in super TV-Qualität) gipfelten. Und yeah, weil das alles so gut läuft für ihn, ist Paul McCartney 2018 angesagt ist wie nur wer. Und das bei Jung und Alt. Ein Blick ins Publikum seiner Konzerte bestätigt das, aber pronto.

Und weil drittens Paul McCartneys neues Album nicht irgendein weiteres neues Album von Paul McCartney ist, also sein 18. Soloalbum halt, sondern eines, bei dem man von Anfang an sicher ist, dass er, der ewige Beatle, nicht einfach auf Nostalgie-Walz in der Penny Lane unterwegs ist. Man gneißt gleich, dass der Paul McCartney es jetzt noch mal wissen will und mit Egypt Station noch mal so richtig was reißen will. Und yeah, das hat voll geklappt, Egypt Station sein erstes Nummer-1-Album in den USA seit Tug of War vor 36 Jahren.

„Freshen Up“ ist nicht nur das Motto der neuen Tournee, sondern auch das Motto der neuen, nach dem Cover-Gemälde von Macca benannten Platte, die Paul McCartney größtenteils alleine aufgenommen hat oder mit den Musikern seiner Livecombo; in den Londoner Abbey Road Studios, in seinem Heimstudio am Land in Sussex und in Los Angeles. Produziert hat bis auf die Single Fuh You (Ryan Tedder von One Republic) Greg Kurstin, der Typ vom Electro-Pop-Duo The Bird and the Bee, der auch schon mal für Adele oder Beck als Produzent arbeitete. Aber was sind schon Namen.

Was zählt ist, dass an Egypt Station alles superfrisch, modern, heutig, zeitgeistig im positiven Sinn ist – alles total präsent und voll relevant, 100% Paul McCartney: die Produktion; der Sound; die Musik; schöne Melodien; knackige Hooklines; treffende, pointierte Songtexte (sind es wert gelesen und verstanden zu werden); sein Gesang. Jeder einzelne der 16 Songs packt einen wie nur was: von den nonstop aufeinander folgenden Volltreffern, ja Hits, auf den ersten Plattenseiten,  I Don’t Know, Come On To Me, Happy With You, Who Cares, Fuh You, Confidante, People Want Peace und weiteren mehr bis zu den komplexeren, nicht weniger spannenden Stücken Despite Repeated Warnings und Hunt You Down/Naked/C-Link auf der vierten Seite. Jeder Song hier lohnt es, näher hinzuhören und sich näher darauf einzulassen. Sollte man tun.

Apropos frisch: Paul McCartneys naturgemäß tiefer und brüchiger gewordene Stimme steht seinen neuen Songs genauso gut wie Sir Paul sein nun endlich natürlich ergrauender Beatles-Pilzkopf. Beides lässt ihn nur noch präsenter, realer, authentischer, erscheinen. Ehrlich, wenn ich mal 76 Jahre alt bin, wäre ich gern so wie Paul McCartney heute. Wäre das nicht so was von cool?

Paul McCartney Egypt Station, Capitol Records/MPL, 2018

2015 in 33 Alben & 25 Songs

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Die wichtigste Musik des Jahres? Damit kann ich nicht dienen. Was ich hier (rein alphabetisch) auflisten will und nennen kann, ist das: 30 neue Alben, die 2015 meine Umlaufbahn kreuzten und mir im besten Fall ans Herz wuchsen oder zumindest mein Interesse weckten und wachhalten konnten. Dazu drei immens erweiterte rock- und pophistorische Albumneuauflagen von Bruce Springsteen, Led Zeppelin und den Beatles, also für mich unverzichtbarer Stoff. Sowie 25 meiner Lieblingssongs von 2015, die es nirgendwo im Radio hintereinander zu hören gibt, weshalb ich immer wieder mal meine aktuelle Singles-Playlist mit Songneuheiten update, was mir ein steter Quell der Freude ist. Okay, erwischt, es sind mehr als 25 Songs, weil ich mehrere selbstgebastelte fantastische Doppel-A-Seiten-Singles wie bei Jamie XX, The Weeknd, New Order, Blur, Adele, Bilderbuch oder Wanda dazwischen gemogelt habe. Apropos Lieblingssongs: Sie wissen hoffentlich, es gibt keine peinlichen Lieblingssongs. Es gibt nur Lieblingssongs, für die man sich weder zu genieren, noch zu entschuldigen hat, sondern sich ausgiebig daran erfreuen sollte. Let it play.

 

33 neue, vielleicht gar nicht mal so wichtige, aber meist gern gehörte Alben

ryan_adams_cover_1989Ryan Adams – 1989

Adele – 25

Alabama Shakes – Sound & Color

The Arcs – Yours, Dreamily

The Beatles – 1+

Bilderbuch – Schick Schock

Blur – The Magic Whip

Leon Bridges – Coming Home

leonard-cohen_cover_cant-forgetLeonard Cohen – Can’t Forget: A Souvenir Of The Grand Tour

Sarah Cracknell – Red Kite

Lana Del Rey – Honeymoon

Destroyer – Poison

Bob Dylan – Shadows In The Night

ELO – Alone In The Universe

Richard Hawley – Hollow Meadows

Don Henly – Cass County

jamie-xx_cover_in-colourJamie XX – In Colour

Kid Rock – First Kiss

Mark Knopfler – Tracker

Diana Krall – Wallflower

Led Zeppelin – Coda (3 CD Deluxe Edition)

Darlene Love – Introducing Darlene Love

Ashley Monroe – The Blade

New Order – Music Complete

Graham Parker & The Rumour – Mystery Glue

Keith Richards – Crosseyed Heart

mark-ronson_cover_uptownMark Ronson – Uptown Special

Boz Scaggs – A Fool To Care

Bruce Springsteen – The Ties That Bind: The River Collection

Tame Impala – Currents

Wanda – Bologna (2014) / Bussi (2015)

Paul Weller – Saturns Pattern

Brian Wilson – No Pier Pressure

 

25 Lieblingssongs, und ein paar mehr

adele_cover_single_helloAdele – Hello / When We Were Young

The Arcs – Out Of My Mind

Bilderbuch – Willkommen im Dschungel / Softdrink

Blur – Lonesome Street / Ong Ong

Lana Del Rey – High By The Beach / Honeymoon

dawes_cover_all_your_favoriteDawes – All Your Favorite Bands

Dion & Paul Simon – New York Is My Home

Chic – I’ll Be There

Duffy – Whole Lot Of Love

ELO – When I Was A Boy

ellie-goulding_cover_love-me-likeEllie Goulding – Love Me Like You Do

Jamie XX – Loud Places (A) / I Know There’s Gonna Be (Good Times)

Annie Lennox – I Put A Spell On You

 

Darlene Love – Forbidden Nights

rihanna_cover_FourFiveSecondsCharlie Puth – Marvin Gaye

Rihanna, Kanye West, Paul McCartney – FourFiveSeconds

Kid Rock – First Kiss

New Order – Restless / Tutti Frutti

Keith Richards – Trouble / Love Overdue

mark-ronson_cover_uptown-funk-single

Mark Ronson – Uptown Funk

Tame Impala – Cause I’m A Man

Wanda – Bologna / Bussi Baby

 

The Weeknd – Can’t Feel My Face / Earned It

the-weeknd_cover_cant-feel-my-faceWhiz Kalifa – See You Again

Paul Weller – Pick It Up / I’m Where I Should Be

 

Vinyl rotiert: 25 LPs, die ich 2015 oft gehört habe

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Wahrscheinlich habe ich 2015 wieder mehr Musik auf Vinyl gehört, als in den sechs, sieben Jahren davor zusammengezählt. Was herzlich wenig mit dem „Comeback des Vinyl“ zu tun hat, das inzwischen allerorts die Spatzen von den Dächern pfeifen. Dafür umso mehr mit einer dringend notwendig gewesenen Durchforstung meiner Plattensammlung, die es mir nicht nur räumlich ermöglicht, mich wieder mehr auf meine Vinylplatten zu konzentrieren und alten wie neuen LPs zu lauschen. Vinyl rotiert: Sharon Jones & The Dap-Kings sowie Lana Del Rey gar in leuchtendem Rot und New Order in durchscheinendem Kristall.

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Adele – 25 (2015)

The Beatles – Abbey Road (1969)

John Coltrane – Blue Train (1957/2014)

Elvis Costello and The Attractions – Imperial Bedroom (1982)

Terence Trent D’Arby – Introducing the Hardline According To (1987)

Lana Del Rey – Ultraviolence (2014)

Lana Del Rey – Honeymoon (2015)

Bob Dylan – Shadows In the Night (2015)

Don Henley – Cass County (2015)

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Jamie XX – In Colour (2015)

Sharon Jones & The Dap-Kings – It’s A Holiday Soul Party (2015)

Kid Rock – First Kiss (2015)

Manu Chao – Esperanza (2001)

Bob Marley & The Wailers – Kaya (1978)

Bob Marley & The Wailers – Exodus (1977)

New Order – Music Complete (2015)

Keith Richards – Crosseyed Heart (2015)

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Bruce Springsteen – Born To Run (1975)

Bruce Springsteen – The River (1980)

Bruce Springsteen – High Hopes (2014)

Angus & Julia Stone – Angus & Julia Stone (2014)

Gary U.S. Bonds – Dedication (1981)

Gary U.S. Bonds – On The Line (1982)

Various Artists – Guardians Of The Galaxy Awesome Mix Vol.1 (Original Soundtrack, 2014)

Various Artists – Trojan Beatles Reggae (2015)

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B-Logbook: 05.11.2015: Wenn Taylor Swift auf Ryan Adams trifft

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Die Familie, der Job, die Freunde, eine riesige Platten-, DVD-, Bücher- und Zeitschriftensammlung. Nicht zu vergessen: die Welt draußen vor der Tür mit ihren Möglichkeiten. Und nicht gerade zu viel Zeit für all das. Warum also sollte ich meine Zeit mit irgendwelchen Musik-Streaming-Abos verplempern? Warum sollte ich mir selbst die Zeit für langwierige Versuche stehlen, mir für mich eigentlich uninteressante, unhörbare Platten schön zu hören, nur weil sie gerade angesagt und angeblich wichtig sind? Ein Beispiel: Radioheads elektronischer Neurosenblues auf „OK Computer“ war anno 1997 famos, danach haben sie kaum noch etwas produziert, dem ich öfter begegnen möchte. Joanna Newsom? Flaming Lips? Tocotronic? Keine Chance. Bilderbuch und Wanda, um mal zwei gute aktuelle österreichische Bands zu nennen, meistens gerne – so unterschiedlich die beiden auch sein und andere Kritiker zu intellektuellen Scheingefechten nötigen mögen.

Ich weiß, welche Musik ich mag und welche ich noch mögen könnte. Das ist mehr als genug. Persönliche musikalische Freudenspender momentan – nachdem Bruce Springsteens 1980er Doppelalbum „The River“ nach Wochen am Plattenspieler vom formidablen neuen New Order Album „Music Complete“, Keith Richards‘ neuer LP „Crosseyed Heart“, „Yours, Dreamily“ von The Arcs, der lässigen Zweitband von Black-Keys-Mann Dan Auerbach“ und Duffys 2008er Hit-LP „Rockferry“ abgelöst wurde und im CD-Player zwischendurch immer wieder die „1“-Hitsammlung der Beatles rotiert:

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Adeles brillante neue Single „Hello“ sowie Paul Wellers doch ziemlich gutes neues Album „Saturns Pattern“, das hier vorerst im Plattenregal ein unerwartetes Mauerblümchendasein fristete, bis ich es dieser Tage noch so richtig für mich entdeckte. Und eine neue Playlist, in der die originalen Songs von Taylor Swifts perfekt glitzerndem Pop-Album „1989“ jeweils direkt auf die weit sparsamer inszenierten und emotional deutlich melancholischer gestimmten Interpretationen der“1989″-Coverplatte von Alternative- und Country-Rocker Ryan Adams treffen. Bester Stoff. Will hören. KW.

Lana Del Rey: Nach dem Hype folgt die Stunde der Wahrheit

lana_del_rey_single_cover_west_coastMan kann sich denken, dass Jack White nicht gerade erfreut gewesen sein dürfte, als The Black Keys, mit denen er seit ewig eine herzliche Feindschaft pflegt und sie als notorische Kopisten seiner Musik denunziert, mit ihrem superben neuen Album „Turn Blue“ in den USA vor zwei Wochen auf Platz eins der Albumcharts landeten. Er wird sich an dieses ungute Gefühl aber wohl gewöhnen müssen. Schließlich erscheint Mitte Juni das zweite Album von Lana Del Rey, das unter allen möglichen und unmöglichen Sound-Architekten ausgerechnet Dan Auerbach, Gitarrist und Sänger der Black Keys produziert hat. Und, gemessen an den beiden Songs „West Coast“ und „Shades Of Cool“, die es schon vorab davon zu hören gibt, wird auch „Ultraviolence“ ein ähnlich großes Ding werden. Dass Jack White vor kurzem in einem Titelinterview mit dem führenden US-Musikmagazin „Rolling Stone“ neben den Black Keys auch Lana Del Rey ins Visier nahm, scheint nicht zufällig passiert zu sein. Er warf ihr vor, praktisch im Sog der Black Keys den Stil und Sound von Amy Winehouse geklaut zu haben, genauso wie das Dan Auerbach und Black-Keys-Drummer Patrick Carney mit ihm und seiner früheren Band The White Stripes gemacht hätten und immer noch machen würden.

Jetzt hat sich Jack White aber erstmals in dieser Fehde eingebremst. In einem langen, „An Apology and Explanation from Jack White“ betitelten, offenen Brief auf seiner offiziellen Website, der gestern publiziert wurde, wünscht White aus welchen Gründen immer nicht nur den Black Keys allen Erfolg dieser Welt und noch eine lange, lange Karriere. Er spricht auch Lana Del Rey sowie Duffy und Adele, die er im oben zitierten Interview ebenfalls attackiert hat, seinen Respekt aus und lobt ihre erstaunlichen Stimmen. Er empfinde starke, selbstbewusste Frauen im Pop-Mainstream als inspirierend, so White weiter im Text, und wünsche allen künftig noch mehr Erfolg als bisher schon.

Im Fall von Lana Del Rey könnte dies schneller Realität werden, als es ihm vielleicht lieb ist. Die Sängerin lernte Dan Auerbach letztes Jahr auf einer Party in New York kennen. Eine flüchtige Bekanntschaft, die damit endete, dass Auerbach, der Lana zur Zeit ihres Über-Hits „Video Games“ noch ähnlich skeptisch gegenüberstand wie White, schließlich binnen zwei Wochen die gesamte „Ultraviolence“-LP produzierte. Mit einer siebenköpfigen Band, mit Auerbach an der Gitarre, wurden die Songs in seinem „Easy Eye Sound“-Studio in seiner neuen Heimatstadt Nashville eingespielt. Lana hätte, so Auerbach enthusiasmiert, alles live zur live aufspielenden Band gesungen. Wie auch immer die Aufnahmen in realiter abgelaufen sind, die ersten beiden Hörproben, beides hochatmosphärische Balladen voll elektrisierender Spannung, Soul und Drama, faszinieren. Auf den anfänglichen Hype folgt nun die Stunde der Wahrheit. Mit der Wahl ihres Produzenten und inspirierenden musikalischen Leiters Dan Auerbach, der nicht müde wird zu betonen, dass Lana sehr genau wisse, was sie musikalisch wolle und was nicht, dürfte sie auf jeden Fall einen besseren Griff gemacht haben, als Duffy bei ihrem zweiten Album „Endlessly“, mit dem sie sich anno 2010 mit Unterstützung von Songschreiber-Legende Albert Hammond und Pop-Produzent Stuart Price (Madonna) praktisch selbst versenkte. Die Idee, dass Lana Del Rey ein nichtsahnendes Pop-Sternchen sei, sollte vielleicht nicht nur Jack White mistkübeln. Fortsetzung folgt.

B-Logbook: 14.09.2013: Paul McCartney „enthüllt“ die Songtitel seines neuen Albums „New“

paul_mccartney_cover_newNicht neu, aber wahr: Das Internet ist eine gierige, riesige Datenmengen verschlingende und gleich wieder ausspuckende Maschine. Wobei – und wir alle erleben dies quasi im Sekundentakt genervt aufs Neue – das nicht bedeutetet, dass das Internet laufend lauter interessanten, lesenswerten Inhalt produziert. Denn der neudeutsch vernebelt „Content“ genannte Datenmüll ist öfter nichts denn etwas geschweige denn alles. Und weil das unersättliche globale Contentverheizwerk namens Internet zwecks Maximierung der Werbeumsätze immer noch mehr Clicks seiner Userinnen und User generieren muss, braucht es dafür pausenlos neuen Stoff. Also stehen die Promotionnebelmaschinen an sieben Tagen die Woche nie still. News, News und noch mehr News werden – oft genug von der Generation Ewiger Onlineredaktionspraktikant – fabriziert, so belanglos und banal sie auch sein mögen. Selbst wenn ein großer Meister wie Paul McCartney seine Presseleute über sämtliche seiner Onlinekanäle – die offizielle Website, Facebook, Twitter etc. – die Sensationsmeldung „Paul McCartney has revealed the tracklisting for his forthcoming album ‚New‘“ hinaus feuern lässt, sind Neuigkeitswert oder gar Enthüllungsfaktor in realiter mehr als minimal, auch wenn sie vom amerikanischen Kultmusikmagazin „Rolling Stone“ bis zum englischen „New Musical Express“ und einer Unzahl geringerer Medien sofort nachgepostet werden. Und das ist erst recht so, wenn die neuen Songs einfach „New“, „Save Us“, „On My Way To Work“, „Road“, „Looking At Her“ oder „Everybody Out There“ heißen. Und nicht vielleicht „John & Me“, „I Still Miss Linda Every Day“, „My Marriage With Heather – A Big Mistake?”, „How I Learned To Love Even Yoko Ono” „George, Have You Met Your Sweet Lord Yet?” oder „Ringo, Let’s Start A New Band”. Auf „New”, das in der zweiten Oktoberwoche erscheinen soll und von gleich vier verschiedenen Produzenten – Mark Ronson (Amy Winehouse), Ethan Jones (Kings Of Leon), Paul Epworth (Adele) und Giles Martin (der Sohn des legendären Beatles-produzenten George Martin) inszeniert wurde – bin ich natürlich trotzdem neugierig wie nur was, auch ohne spannende Enthüllungen vorab.